Gefährdungslage des Bergkronwicken-Widderchens (Zygaena fausta) in Bayern

Bergkronwicken-Widderchen, Landkreis Eichstätt, 28. Juli 2018 (Foto: Oliver Böck)

Bergkronwicken-Widderchen Jungraupen, Landkreis Bad Kissingen, 28. September 2023 (Foto: Maximilian Schmucker)

Das Bergkronwicken-Widderchen (Zygaena fausta) kommt in Bayern in zwei Naturräumen vor. In Mainfranken entlang des Mains und der Fränkischen Saale in lichten teilweise gerölldurchsetzten Eichen-Kiefernwäldern mit Saumgesellschaften auf Muschelkalk. Aktuelle Funde von 2023 z. B. bei Ramsthal, vom NSG Kallmuth und bei Retzstadt. Dort zur Zeit noch stabil, Pflegemaßnahmen sind im Gange. In der Südlichen Frankenalb noch in der Nähe von Eichstätt auf einer niederwaldartigen Fläche, dort kurz vor dem Erlöschen. In den Steinbrüchen des Gailachtales und deren Umgebung in den letzten Jahren immer wieder Funde neuer Populationen. Eine Ansalbung der Raupenfutterpflanze Bergkronwicke (Coronilla coronata) und der Art und weitere Stützung der Populationen durch Nachzucht wird dort und am Bahnhof Eichstätt vermutet. Ein isoliertes Vorkommen am Finkenstein bei Riedensheim an der Donau. In der Mittleren Frankenalb entlang der Naab sowie in den Schneeheide-Kiefernwäldern an Isar und Lech und den Heiden nördlich von München schon lange erloschen. In Österreich nur 500 m von der deutschen Grenze entfernt bei Füssen in der Unterart Z. fausta lacrymans. Gefährdet durch Sukzession der Lebensräume.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Zygaena_fausta

Bergkronwicken-Widderchen Larvalhabitat, Landkreis Bad Kissingen, 28. September 2023 (Foto: Maximilian Schmucker)

Gefährdungslage des Westlichen Scheckenfalters (Melitaea partenoides) in Bayern

Westlicher Scheckenfalter Kopula, Landkreis Oberallgäu, 3. Juli 2021 (Foto: Oliver Böck)

Westlicher Scheckenfalter Raupe, Landkreis Ostallgäu, 27. Mai 2022 (Foto: Markus Dumke)

Der Westliche Scheckenfalter (Melitaea parthenoides) ist in Bayern stark im Rückgang begriffen. Im bayerischen Allgäu kommt er auf gemähten Streuwiesen vor. Diese sind lückig und meist niedrigwüchsig. Die Ausprägung reicht von mesophil bis halbtrockenrasenartig. Um Seeg und im Weitnauer Tal bis zum Niedersonthofener See gibt es derzeit noch zwei größere Metapopulationen. Leider ist auch hier ein Rückgang der Individuendichten zu verzeichnen. Ansonsten meist isolierte Einzelvorkommen. Das Erlöschen von ehemals guten Populationen, die bis 2010 noch gut besetzt waren, konnte durch Nachsuchen verschiedener Beobachter in den letzten Jahren nachgewiesen werden. Die Rückgangsursachen sind noch unklar, Stickstoffeinträge aus angrenzenden Flächen, Nutzungsaufgabe bzw. Nutzungsänderung mit Verbrachung und Verbuschung sowie Flächenverinselung dürften eine Rolle spielen. Die Art muss mittlerweile als vom Aussterben bedroht betrachtet werden, sie befindet sich am nordöstlichen Arealrand ihrer Verbreitung.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Melitaea_parthenoides

Westlicher Scheckenfalter Larvalhabitat Landkreis Ostallgäu, 27. Mai 2022 (Foto: Markus Dumke)

Gefährdungslage des Westlichen Quendelbläulings (Pseudophilotes baton) in Bayern

Westlicher Quendelbläuling Kopula, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 26. Mai 2022 (Foto: Markus Dumke)

Westlicher Quendelbläuling Raupe, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 22. Juli 2021 (Foto: Oliver Böck)

Der Westliche Quendelbläuling (Pseudophilotes baton) hat in Bayern nur noch eine stabile Population bei Mittenwald. Das Fluggebiet besteht aus einem Mosaik aus rinderbeweideten Flussschotterheiden, Borstgras-Thymianrasen, Schneeheide-Kiefernwäldern und einer durch Lawinenabgänge offengehaltenen Schuttrinne. Leider Lebensraumverlust durch Verbuschung mit Hasel und Fichtenneuaustrieben. Ein Einzelnachweis im Friedergries im Jahr 2021, dort starke Habitatverluste durch Verbuschung mit Kiefernarten. Im Leipheimer Moos, wo bis Ende der 2000er Jahre auf Almkalkhügeln nachweislich die stärkste bayerische Population existierte, kurz vor dem Aussterben. Dort haben die gut gemeinten und für die Vogel- und Libellenpopulationen erfolgreichen Wiedervernässungsmaßnahmen leider zu einem sehr starken Lebensraumverlust geführt. Auf der Frankenalb beinahe erlsochen, der aktuelle Status ist unklar. Letzte Funde bei Dollnstein, Obereichstätt, Eichstätt, Arnsberg im Altmühltal und Kallmünz an der Naab zwischen 2010 und 2017. Letzter Nachweis am Hirmesberg bei Kallmünz. 2024 erfolgte die Meldung, das die Art 2021 am Westhang des Kirchenbergs zweimal in einem und in drei Exemplaren beobachtet wurde:

https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1067551; https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1067552

Gründe für den Rückgang sind wahrscheinlich eine Mischung, unter anderem, aus Lebensraumverschlechterung durch Aufgabe der Hutweide (Sukzession oder Umwandlung in Koppelbeweidung), ungünstige Beweidungszeitpunkte zur Flugzeit (mangelndes Blütenangebot), Eintrag von Stickstoffen aus der Landwirtschaft (Bromisierung der Magerrasen) und auch klimatische Ursachen (Austrocknung der Thymianvorkommen in den Lebensräumen).

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Pseudophilotes_baton

Westlicher Quendelbläuling Larvalhabitat, Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 22. Juli 2021 (Foto: Oliver Böck)

Gefährdungslage des Wundkleebläulings (Polyommatus dorylas) in Bayern

Wundkleebläuling Kopula, Landkreis Amberg-Sulzbach, 13. Juli 2017 (Foto: Oliver Böck)

Wundkleebläuling Raupe, Landkreis Miesbach, 18. Mai 2023 (Foto: Markus Dumke)

Der Wundkleebläuling (Polyommatus dorylas) ist außerhalb der Alpen fast ausgestorben. Die letzten Nachweise stammen aus der Nördlichen Frankenalb. Zwischen Pottenstein und Haselbrunn wurde er bis Anfang der 2010er Jahre an mehreren lückigen und wundkleereichen Kalkmagerrasen nachgewiesen. Der letzte Fund stammt vom Parkplatz gegenüber dem Schrottenberg aus dem Jahr 2019. Ansonsten ist Polyommatus dorylas nur noch auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und direkt angrenzenden kleinen Flächen bei Auerbach vertreten. Dort wurden diese während der Flugzeit in den letzten Jahren leider beweidet. Die Individuendichte ist in den letzten Jahren auf den öffentlich zugänglichen Flächen stark zurückgegangen. In den Jahren 2023 und 2024 kein einziger Nachweis bei mehreren Nachsuchen. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Art auf dem sehr größen Truppenübungsplatz erhalten kann. In den Bayerischen Alpen noch weiter verbreitet. In den Chiemgauer Alpen zwischen Inn und Tiroler Achental und im Mangfallgebirge um Bayrischzell in großen Metapopulationen auf extensiv genutzten Rinderweiden an steilen, niedrigwüchsigen und oft steinigen Kuppen oder Böschungen. Dort gehen die Bestände auf ehemals gut frequentierten, tiefer gelegenen Almen zurück und einzelne Vorkommen verloren. Möglicherweise trägt Gülleausbringung oder Stickstoffeintrag zur Gefährdung bei. Auf gemähten oder beweideten Buckelwiesen im Raum Mittenwald z. T. noch stabil.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Polyommatus%20dorylas

Lebensraum des Wundkleebläulings, Buckelwiesen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 30. Juni 2016 (Foto: Oliver Böck)

Gefährdungslage des Spätsommer-Würfel-Dickkopffalters (Pyrgus cirsii) in Bayern

Spätsommer-Würfel-Dickkopffalter, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim, 21. August 2021 (Foto: Markus Dumke)

Spätsommer-Würfel-Dickkopffalter Ei, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim, 31. Oktober 2021 (Foto: Alexander Ohr)

Der Spätsommer-Würfel-Dickkopf (Pyrgus cirsii) kommt in Bayern nur in zwei Naturräumen vor und ist in beiden akut vom Aussterben bedroht. In Mainfranken in den letzten Jahren nur Beobachtungen einzelner Individuen (schriftl. Mitt. Prof. Hock). Gezielte Nachsuchen anderer Beobachter blieben in den letzten Jahren erfolglos. Im Südlichen Steigerwald sehr starker Individuenrückgang auf den Gipskeuper-Magerrasen im Jahr 2022, u.a. durch Beweidung der Habitate kurz vor der Flugzeit. Bedingt durch die Hitze entstanden auf den Flächen bis zu 50 cm tiefe Bodenrisse, das Blütenangebot auf den beiden besten Flächen bei Weigenheim fehlte nahezu. Im Jahr 2023 wurden nur noch drei Einzelbeobachtungen auf diesen gemacht. Da es sich um die einzigen Vorkommen in Deutschland neben einem auf der Ostalb in Baden-Württemberg handelt, sind größte Anstrengungen zur Sicherung der Art erforderlich. Eine Anpassung der Beweidung an den Aufwuchs auf den Flächen und die Erhaltung eines Blütenangebotes sind dringend erforderlich. Rohbodenöffnende Maßnahmen sollten bedacht werden, Die Art befindet sich am nordöstlichen Arealrand ihrer Verbreitung. Über eine Erhaltungszucht sollte dringend nachgedacht werden.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Pyrgus%20cirsii

Lebensraum des Spätsommer-Würfel-Dickkopffalters, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim, 16. August 2022 (Foto: Oliver Böck)

Gefährdungslage der Streifenbläulings (Polyommatus damon) in Bayern

Streifenbläuling Kopula, Landkreis Rhön-Grabfeld, 23. Juli 2021 (Foto: Ingrid Langer)

Streifenbläuling Raupe, Landkreis Rhön-Grabfeld, 3. Juni 2017 (Foto: Markus Dumke)

Der Streifenbläuling (Polyommatus damon) kam nach 2015 in Bayern nur noch in der Rhön (Vordere und Kuppenrhön, Grabfeldgau, Lange Rhön ) und mit einer sehr kleinen Population auf der Südlichen Frankenalb im Gailachtal vor ( Dort sind Rückgänge zu verzeichnen). Nun konnte die Art durch Herbert Stadelmann an zwei Stellen in den Allgäuer Hochalpen beobachtet werden. Die Art fliegt dort auf extrem steilen und felsdurchsetzten Blaugrashalden. Da die Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette (Onobrychis montana) in Bayern am nördlichen Arealrand äußerst lokal nur an vier Fundorten vorkommt, ist dieser Neufund von Polyommatus damon von äußerst großer Bedeutung.

Näheres dazu in der Veröffentlichung von Herbert Stadelmann: https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/08/17/der-grosse-esparsetten-blaeuling-oder-streifenblaeuling-polyommatus-damon-im-allgaeu-noerdlichster-fundort-in-den-alpen/

In der Südlichen Frankenalb in den letzten Jahren meistens nur Einzeltiere auch 2024 am Blauberg bei Mörnsheim, keine neueren Funde mehr auf der Tagmersheimer Leite und anderen Flächen bei Mühlheim. Vorkommen sind an esparsettenreiche lückige Magerrasen gebunden, teilweise wird auch Streu von den Raupen toleriert. Im Landkreis Rhön-Grabfeld ist bei Ostheim v. d. Rhön noch eine halbwegs stabile Metapopulation erhalten. Dabei finden sich aber nur noch auf einer der drei Flächen Individuenzahlen im zweistelligen Bereich, Wie Vergleichswerte aus den letzten 10 Jahren zeigen, ist diese aber durch unsachgemäße Pflegemaßnahmen vor allem am Weyhershauk (Koppelbeweidung) deutlich zurückgegangen. Nur am Kleinen Lindenberg kann sich durch die optimale Pflege (Mahd während des Puppenfensters) des Gipfelplateaus durch die Modellflug Interessensgemeinschaft die größte Population auf einem mittleren zweistelligen Individuenzahlniveau halten.Die Sandesparsette (Onobrychis arenaria) ist dort mittlerweile wieder deutlich häufiger vorzufinden. Kleinere Einzelvorkommen werden bei Oberelsbach und Weisbach beobachtet. Bei Oberelsbach, der damals größten Population (Foto des Habitats am Südhang zeigt die Optimalsituation 2012), war in den letzten zehn Jahren ein sehr starker Individuenrückgang zu verzeichnen, der ebenfalls auf eine Koppelung der Flächen zurückzuführen ist. Aktuell (2024) scheint sich die dortige Situation durch ein Artenhilfsprogramm wieder deutlich zu verbessern. Bei Weisbach handelt es sich um einen großen gemähten Hang. Dort werden nur die steilsten Bereiche am Oberhang besiedelt unter anderem Brachen die mit Steinschutt durchsetzt sind. In beiden Habitaten sind Individuendichten im niedrigen zweistelligen Bereich zur Hauptflugzeit zu finden. Aktuell (2023) ein Einzelfund bei Mittelstreu. Alle anderen gut besiedelten Gebiete entlang der Streu, der Fränkischen Saale und der Els sowie bei Herbstadt sind in der Zwischenzeit erloschen. In heißen Sommern auch durch Vertrocknung der Esparsetten (Onobrychis arenaria oder viciifolia) bedroht. Beweidung nur im Puppenfenster, sehr zeiitig im Frühjahr oder unter der Aussparung von gewissen rohbodenreichen und lückigen Stellen, Schaffung von Rohbodenstellen, das aussäen von Samen der Raupenfutterpflanze und die Entbuschung von Flächen müssen in die Pflege integriert werden. Keine Koppelbeweidung, nur bei äußerst verbuschten Flächen in der Nähe von aktuellen Habitaten. Der drastische Rückgang der letzten Jahre konnte vorerst gestoppt werden, aber die Art ist weiterhin in der Bayerischen Rhön akut vom Aussterben bedroht. In der Thüringischen Rhön Wiederfunde in diesem Jahr, nachdem die letzten Daten von 2018 stammten. Starkes Aussterberisiko, so in jüngerer Zeit in Ungarn, Slowakei, Tschechien und Rumänien nicht mehr gefunden.

Zur Verbreitung des Streifenbläulings in Bayern

Lebensraum des Streifenbläulings, Landkreis Rhön-Grabfeld, 18. Juli 2012 (Foto: Oliver Böck)

Gefährdungslage der Berghexe (Chazara briseis) in Bayern

Berghexe Kopula, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, 12. August 2023 (Foto: Alexander Ohr)

Berghexe Ei, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, 21. August 2021 (Foto: Alexander Ohr)

Die Berghexe (Chazara briseis) ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Sie ist das Charaktertier sogenannter Steintriftheiden, äußerst steinigen und rohbodenreichen Kalkmagerrasen die lückig mit Gräsern durchsetzt sind. In der Südlichen Frankenalb gibt es nur noch eine größere stabile Population am Hahnenkamm bei Heidenheim. Die Art besiedelt mit Ziegen gekoppelte Südwest- bis Südosthänge, ehemalige Panzerstrassen und einen Steinbruch. In der näheren Umgebung können jahrweise wie am Gelben Berg Einzelnachweise getätigt werden. Die Vorkommen bei Eichstätt und am Hesselberg konzentrieren sich vor allem in den letzten Jahren nur noch auf kleine, am besten gepflegte Flächen. Kurz vor dem Aussterben steht die Art im Gailachtal bei Mühlheim wegen zu geringer Beweidungsintensität. Dort auch den letzten Jahren meist nur Einzelexemplare. Die seit Entdeckung stets kleine Population im Morsbachtal ist trotz Pflegemaßnahmen vom Erlöschen bedroht. Aktuelle Beobachtungen bei Ostheim v. d. Rhön können auf verflogene Einzelfalter aus Thüringen zurückgeführt werden. Chazara briseis scheint sich dort aber, in letzter Zeit alljährlich zu reproduzieren. Die Beweidungsintensität (Koppelung der Flächen) begünstigt sie derzeit und ist für den dort ebenfalls vorkommenden Streifenbläuling (Polyommatus damon) kontraproduktiv. Das Überleben der Art ist weiterhin von einer intensiven drei bis viermaligen Hütehaltung abhängig. Dabei ist ein früher Beweidungsgang bis spätestens Mitte Mai von Nöten um den Grasaufwuchs durch die zunehmende Bromisierung durch Stickstoffeinträge entgegenzuwirken. Bei der Koppelhaltung mit Ziegen muss unbedingt auf eine zu hohe Besatzdichte verzichtet werden, um keine zu hohen Nährstoffeinträge zu haben. Bei höheren Besatzdichten ist ein Nachtpferch angebracht. Bei zu geringem Beweidungsdruck muss man über bodenöffnende Maßnahmen diskutieren, wie z.B. Oberbodenabtrag oder die Befahrung mit Kettenfahrzeugen. Starkes Aussterberisiko, so zum Beispiel in jüngerer Zeit in Polen nicht mehr gefunden, in Tschechien nur durch ein Zuchtprogramm vom Aussterben bewahrt.

Zur Verbreitung der Berghexe in Bayern

Lebensraum Berghexe, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, 24. August 2023 (Foto: Oliver Böck)

Besondere aktuelle Nachweise, Altnachweise und Ausbreitungstendenzen von ausgewählten Tagfalterarten in Bayern

Zusammenfassung: Seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 haben sich überraschende Neu- oder Wiederfunde von Tagfaltern in Bayern ereignet. Als spektakuläre Beispiele gelten dabei die Neufunde von Polyommatus damon in den Allgäuer Hochalpen und die Wiederfunde von Muschampia floccifera für Ostbayern. Einige Arten haben große Arealexpansionen erfahren wie zum Beispiel Pieris mannii (wohl über ganz Bayern verbreitet), Pyrgus armoricanus in Nordwestbayern, Brintesia circe in der Fränkischen Alb und in Ostbayern auch außeralb des Jurazuges oder Lycaena dispar in Ostbayern (Sage 2019 und Dumke 2022). In diesem Artikel werden die einzelnen teilweise auch überraschenden Entwicklungen dargestellt. Ebenso werden Altnachweise genannt, die bis dato nur auf unserer Datenbank gemeldet wurden wenn sie besonders spektakulär waren, wie die Funde von Euphydryas maturna im Silberbrünnl bei Aichach.

Abstract: Since the publication of Bräu et al. 2013, there have been surprising new discoveries or rediscoveries of butterflies in Bavaria. Spectacular examples include the new findings of Polyommatus damon in the Allgäu Alps and the reidscovery of Muschampia floccifera in eastern Bavaria. Some species have experienced large range expansions, such as Pieris mannii (probably widespread throughout Bavaria), Pyrgus armoricanus in north-western Bavaria, Brintesia circe in eastern Bavaria, outside the Jura range, and Lycaena dispar in eastern Bavaria (Sage 2019 and Dumke 2022). This article presents the individual developments, some of which are also surprising. We also mention old records that were previously only reported on our database if they were particularly spectacular, such as the findings of Euphydryas maturna in the Silberbrünnl near Aichach.

Arten mit Wieder- oder Neufunden in einzelnen Regionen

Heilziest-Dickkopffalter (Muschampia floccifera)

Wiedernachweis in Ostbayern aus dem Lallinger Winkl von Mario Harzheim vom 14. Juni 2019 ( https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=177176). Der Fundort war eine magere Feuchtwiese mit Beständen des Heilziests (Betonica officinalis) südlich von Eiserding. Laut Dolek (mdl Mitt.) in ca. zehn Kilometer Entfernung auch an einer anderen Stelle nachgewiesen. In Morawietz et al. 2023 wird über die Herkunft dieser Populationen diskutiert, Funde in zwei verschiedenen Gebieten scheinen auf eine Bodenständigkeit hinzudeuten, die unauffällige Art scheint dort übersehen worden zu sein, zumal auch Altnachweise aus der Region kommen. Eine genauere Ermittlung des Verbreitungsbildes wäre dringend angeraten.

Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)

Neunachweise für den Hinteren Bayerischen Wald bei Haidmühle von 2021 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=250034) und 2022 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=987845). 2002 wurde eine Wiederansiedelung der Art durch eine Spenderpopulation aus den Türnitzer Alpen (Österreich) grenznah auf tschechischer Seite (Nové Údolí) begonnen. Diese war erfolgreich, wie die Arbeit von Peškařová et al. 2024 zeigt. So lassen sich auch die Funde auf bayerischer Seite erklären. Der aktuelle Status der Art in der Umgebung von Haidmühle sollte näher untersucht werden.

Abbildung 1: Lycaena helle, Haidmühle, 14.6.2021, (Foto: Michael Bäumler)

Streifenbläuling (Polyommatus damon)

Neunachweise der Art durch Herbert Stadelmann für die Bayerischen Alpen im Traufbachtal und an der Höfats von 2024. Davor konnten schon 2021 in einem YouTube-Video (Traufbachtal) und bei einer Meldung auf observation.org (2023 im Sperrbachtobel) Nachweise erbracht werden. Näheres dazu in dieser Veröffentlichung von Stadelmann, H. & Böck, O. (2024): https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/08/17/der-grosse-esparsetten-blaeuling-oder-streifenblaeuling-polyommatus-damon-im-allgaeu-noerdlichster-fundort-in-den-alpen/. Als Habitat gelten dort steile, wahrscheinlich sporadisch nur von Gämsen beweidete, felsenreiche Blaugras-Horstseggenrasen (Urrasen), eventuell auch Rostseggenrasen mit der Raupenfutterpflanze Ononbrychis montana, welche in Bayern ebenfalls sehr selten und nur aus den Allgäuer Hochalpen und wohl angesalbt am Aggenstein bekannt ist. Neue Fundorte dieser Pflanze konnten über verschiedene Portale ermittelt werden, eventuell finden sich noch andere Populationen der Art, so in der weiteren Umgebung der Höfats. Die zwei Eiablagen erfolgten laut Stadelmann einmal in der Vegetationsmatrix an der Raupenfutterpflanze, aber auch auf dem Blatt einer anderen unbestimmten Pflanze. Besonderer neuer Altnachweis: Auerbach Grünberg von 1980 bis 1990 fünf Nachweise von Peter Huber maximal 1981 und 1985 je sieben und fünf Individuen, Erfasser Klaus Schmalzbauer. Letztnachweise: Seeberg bei Premberg 1976 Flauger, zwischen Deuerling und Laaber, Nachweise von Josef Schreiner von 1975 bis 1981 vier einzelne Belegexemplare. Erfasser Klaus Schmalzbauer. Nachweis Breitschafter 1973, ein Beleg aus Duggendorf. Erfasser: Klaus Schmalzbauer.

Abbildung 2: Habitat von Polyommatus damon in der Höfatswanne, 13.8.2024 (Foto Herbert Stadelmann)

Arten mit großen Arealexpansionen

Großer Feuerfalter ( Lycaena dispar)

Weitere Ausbreitung in Ostbayern. Im Jahr 2019 erfolgten die ersten Nachweise in
Südostbayern in Altötting, Bad Birnbach, Untergriesbach und Pocking (Sage 2019).
Bis 2021 zahlreiche Nachweise im Rott-Tal bis Eggenfelden sowie bei Braunau am Inn und
Burghausen (Dumke 2022). Bis Ende 2024 nochmals eine deutliche Arealerweiterung entlang der Donau bis zur Isarmündung zwischen Plattling und Deggendorf im Norden, im Isartal bis Wörth sowie entlang der Isen bis nach Ampfing. Die Art breitet sich entlang von Ausgleichsflächen, Bahnstrecken oder größeren Strassenböschungen aus, kann sich dort wie in Passau auch auf einem Parkplatz von Lidl reproduzieren (Markus Dumke). Die Arbeit von Gros & Gferer 2023 zeigt das nun auch das Bundesland Salzburg in Österreich langsam besiedelt wird, der westlichste Fundpunkt ist die Weitwörther Au, welcher nur rund einen Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist.. Neunachweise an der Salzach zwischen Freilassing und Laufen dürften damit auch sehr wahrscheinlich sein.

Abbildung 3: Aktuelle Verbreitung von Lycaena dispar in Südostbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Weißer Waldportier (Brintesia circe)

Der Weiße Waldportier (Brintesia circe) war in Bayern bis Anfang der 2010er Jahre auf die Kerngebiete der südlichen (Gailachtal, Wellheimer Trockental, Usseltal, Unteres Altmühltal) und mittleren Frankenalb (Truppenübungsplatz Hohenfels, Täler von Lauterach, Naab, Schwarzer Laaber und im Regensburger Jura) beschränkt, wo eine deutliche Zunahme der Individuendichten auf großflächigen Magerrasen zu verzeichnen ist. Da die Tiere sehr flugaktiv sind, können sie von dort aus auch benachbarte Flächen besiedeln. Vor allem in den letzten 10 Jahren breitet sich die Art aus. Entlang der Lauterach konnte inzwischen die nördliche Frankenalb bis Edelsfeld erreicht werden. Weitere Ausbreitungen sind entlang der Naab bis ins Oberpfälzer Hügelland zu beobachten. Nach einem Einzelfund 2015 von Böck wohl nun auch in Heidenheim am Hahnenkamm bodenständig (Ohr). An der Donau Einzelfunde von Lechsend bis Donaustauf, nördlich davon mehrere Nachweise im Falkensteiner Vorwald und entlang des Regen. Dort Einzelfunde bis in den Vorderen Oberpfälzer Wald. Neuerdings auch Sichtungen aus dem Hinteren Oberpfälzer und Bayerischen Wald. Weitere Beobachtungen im Passauer Abteiland und im Neuburger Wald. Einzelfund aus dem Dürnbucher Forst von 2023 durch Hirmer (Böck 2024a).

Abbildung 4: Aktuelle Verbreitung von Brintesia circe in der Fränkischen Alb und Ostbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Zweibrütiger Dickkopffalter ( Pyrgus armoricanus)

Ausbreitung vor allem in Nordwestbayern, nördlich bis in die Lange Rhön (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1167355), südlich bis Heidenheim am Hahnenkamm (eigene Beobachtung), westlich bis Alzenau (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=265532) und östlich bis Goldkronach (Bittermann). In Südbayern Ausbreitung von München isarabwärts bis zum Hochwasserdamm bei Gaden (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=971302). Einzelfund auf der Lechstaustufe 21 bei Augsburg (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=908268). Nachweise aus den Alpen von der Pötschalm und bei Niederaudorf (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1091276; https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1096827). Der Höchstfund auf der Pötschalm liegt auf über 850 Metern und somit ungefähr 150 Meter höher wie der Fundort bei Brannenburg (Bräü et al. 2013).

Abbildung 5: Aktuelle Verbreitung von Pyrgus armoricanus in Nordwestbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Karstweißling (Pieris mannii)

Pieris mannii hat Bayern im Sturm erobert. Nachdem die Art zuerst 2008 in Baden-Württemberg auftrat gelangen die ersten Funde in Bayern 2010 in Oberelchingen und Lindau am Bodensee (Kratochwil 2011 und Hensle 2024). Derzeit ist die Art in vielen Naturräumen vertreten, auf den ersten Blick vornehmlich mit Konzentrationen in den Ballungszentren wie München und Nürnberg-Fürth-Erlangen. Die vielen Nachweise aus der Mittleren und Südlichen Frankenalb durch Thomas Netter zeigen aber auch das die Art mittlerweile auch in den Siedlungsgebieten des ruralen Raums weiter verbreitet ist. Das aktuelle Bild von Schmetterlinge in Bayern zeigt leider deshalb auch nicht das aktuelle Bild der Gesamtverbreitung, sondern nur die Beobachtungsdichte durch die einzelnen Beobachter in den jeweiligen Regionen. Funde bis in die subalpine Zone, im Rotwandgebiet 2023 auf 1757 m beobachtet (Netter).

Abbildung 6: Aktuelle Verbreitung von Pieris mannii in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Malven-Dickkopffalter (Carcharodus alceae)

Carcharodus alceae hat seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 ebenfalls eine bedeutende Expansion erlebt, wobei das frühere Zentrum der Verbreitung Mittlere und Südliche Frankenalb leichte Rückgänge zu verzeichnen sind. Starke Konzentration von Nachweisen um die Ballungszentren München (isarabwärts bis wahrscheinlich zur Isarmündung), Augsburg sowie rund um Kempten. Die Karte zeigt wahrscheinlich auch nur einen Teil der aktuellen Nachweise, da es in vielen Regionen kaum Melder gibt. Ein Raupennachweis von Stadelmann auf fast 1000 Metern im Hinteren Bregenzer Wald.

Abbildung 7: Aktuelle Verbreitung Carcharodus alceae in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Kurzschwänziger Bläuling (Cupido argiades)

Bei Cupido argiades erfolgte die Einwanderung über Nordwestbayern, die Art hat derzeit folgende Verbreitungszentren: Mittlere und Nördliche Frankenalb, München isarabwärts bis zur Donau und von dort bis zur österreichischen Grenze bei Jochenstein und die Großräume Nürnberg und Augsburg. Weitere Verbreitung auf den Mainfränkischen Platten und im Raum Aschaffenburg. Teilweise sind aber auch wieder Individuenrückgänge wie in der Südlichen Frankenalb zu verzeichnen. Es werden eindeutig niedrige Lagen und wärmebegünstigte Gebiete bevorzugt. Aus Gebieten im Allgäu sind Funde aus über 700 m bekannt.

Abbildung 8: Aktuelle Verbreitung von Cupido argiades in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Besondere Nachweise von RL-Arten und Wanderfaltern:

Segelfalter (Iphiclides podalirius)

Iphiclides podalirius kommt in Mainfranken z. T. in hohen Individuendichten auf Kalkmagerrasen entlang des Mains und der Fränkischen Saale von Kleinochsenfurt inzwischen bis Münnerstadt regelmäßig vor und strahlt neuerdings auch in den Sandsteinspessart und das Grabfeld aus. In der Mittleren Frankenalb z. T. gute Individuendichten auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels und entlang der Lauterach und Naab z. B. bei Kallmünz. Aktuell (2024) bedeutende Funde im Raum Hammelburg und bei Kallmünz. In Südbayern liegen Nachweise aus den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen vor. Dort in den letzten Jahren immer wieder Funde wie am Thumsee oder entlang der Saalach von Melleck bis in den Raum Bad Reichenhall. Die Hauptvorkommen dürften im Saalachtal auf österreichischer Seite liegen (z. B. Leoganger Steinberge) und von dort nach Bayern ausstrahlen (Böck 2024b). Einzelfund 2019 aus der Cham-Further-Senke weit abseits des Vebreitungsgebietes. Windverdriftung oder da an einer Bahnlinie gelegen auch Verschleppung, sowie eine Ansalbung sind hier wahrscheinlich. Als weitere Option ist ein Zuflug über das Regental denkbar, da die Art als äußerst flugstark gilt.

Parnassius sacerdos (Alpen-Apollofalter)

Neunachweis am 14.8.2005 von Deykowski aus den Ammergauer Alpen aus dem Kollebachtal unterhalb des Niederen Straußbergs. Ob die Art dort zeitweise bodenständig oder ob es ein zugeflogenes Exemplar aus den Lechtaler Alpen war, kann durch fehlende weitere Nachsuchen nicht eruiert werden.
Diese Stelle sollte nochmals nachkontrolliert werden. der überraschende Neunachweis von Polyommatus damon für die Allgäuer Hochalpen (Stadelmann & Böck 2024) zeigt auf, das Teile der Bayerischen Alpen immer noch nicht zu 100% durchforscht sind. Zudem entspricht der Fundort dem bekannten Habitatschema, einem kleinen Bachlauf zwischen 1500 und 1750 m Höhe mit der Raupenfutterpflanze Saxifraga aizoides und das Männchen war frisch.

Abbildung 9: Nachweis von Parnassius sacerdos aus den Ammergauer Alpen (Kollebachtal). 14.7.2005 (Foto: Bernhard Deykowski)

Eschen-Scheckenfalter (Euphydryas maturna)

Neunachweise für Südbayern aus dem Tal der Bischofswiesener Ache südlich bis Bischoifswiesen auf Kahlschlägen und lichten eschenreichen Waldbereichen mit Übergängen zu Streuwiesen, dort auch Gespinstnachweise. Neuer Altnachweis: 14.6.1984. Sammlungsbelege (1 Pärchen) von Thomas Raute erworben. Von drei regionalen Sammlern bestätigt. Donau-Isar-Hügelland, Silberbrünnl südöstlich Hollenbach (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=854493). Das Silberbrünnl ist ein Quellmoorgebiet das jährlich vom Landschaftspflegeverband Aichach-Freidberg gepflegt wird (https://www.lpv-aichach-friedberg.de/139-landschaftspflege-im-silberbruennel.html). Lichte Waldbereiche grenzen an.

Brauner Eichenzipfelfalter (Satyrium ilicis)

Neunachweise für Südbayern aus der Mühldorfer Haardt (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1081089) und vom Fuchsberg östlich von Aichach (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1045845) für 2024. Ansonsten in Südbayern nur noch aktuelle Funde nach 2020 aus den lichten Eichen-Kiefernwäldern des Münchener Nordens (Berglwald, Schweizer Holz und Hartlholz).

Erosbläuling (Polyommatus eros)

Neunachweise für die Nagelfluhkette vom Siplinger Kopf (von Münz dort 2020 neuentdeckt und von Dumke 2021 bestätigt) und dem Rindalphorn (Böck 2023). Dort werden sporadisch beweidete Tälchen, die von Felsen, Schuttfluren und Hochstaudenfluren durchsetzt sind besiedelt.

Abbildung 10: Polyommatus eros am Siplinger Kopf in der Nagelfluhkette. 7.8.2021, Foto: Markus Dumke

Fetthennenbläuling (Scolitantides orion)

Viele Neunachweise aus dem Frankenwald seit dem Erstfund durch Gudrun Müller von 2022 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=844214), dort relativ weit verbreitet aber meist in geringer Stückzahl z.B. in Diabas-Steinbrüchen, in der Umgebung von Felsen oder felsigen Wegböschungen mit Raupenfutterpflanzenbewuchs (mdl. Mitt. Dolek). In der Mittleren und Südlichen Frankenalb stark im Rückgang begriffen und nur noch an zwei Stellen gefunden. Altnachweis: Kallmünz Schloßberg bis Ende der 1970er Jahre durch P. Schaider beobachtet (Kudrna & Meyer 1990).

Kleiner Wanderbläuling (Leptotes pirithous)

Funde von Dumke und Harzheim in der Unteren Isarau östlich von Dietersheim, sowie von Stadelmann südöstlich von Grünschwaige bei Oberding von 2021.

Abbildung 11: Nachweisort von Leptotes pirithous bei Oberding. 14.8. 2021, Foto: Herbert Stadelmann

Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Phengaris alcon rebeli)

Mehrere Neunachweise im Großraum München. Die Art konnte insgesamt an neun Fundorten nachgewiesen werden 2021 an sechs Stellen und 2022 an acht Stellen mit Wuchs des Kreuenzians (Gentiana cruciata) (Morawietz et a.. 2023). In dem Artikel werden verschiedene Theorien über die Herkunft der Populationen wie zum Beispiel Windverdriftung, Ansalbung, Belegung von Kreuenzianbeständen durch die Feuchtgebietsvarainte (Phengaris alcon alcon) oder der Weitertranspot von Pflanzenteilen oder Eiern durch Menschen oder Tiere diskutiert (nächste Population 40-50 Kilometer entfernt), ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen.

Großer Eisvogel (Limenitis populi)

Limenitis populi scheint im Alpenraum deutlich weiter verbreitet zu sein, wie bis dato angenommen, Stabile Vorkommen zwischen Füssen und Murnau im Ammergebirge und im angrenzenden Ammer-Loisach-Hügelland. Daneben noch eine Verbreitungskonzentration in den Allgäuer Alpen und Nagelfluhkette mit Tälern, sowie im Raum Bad Reichenhall. Fortpflanzung an Espen (Populus tremula) entlang von Bächen auf Viehweiden oder entlang von Waldwegen. Aktuelle Nachweise lassen dort noch eine weitere Verbreitung vermuten (Böck 2024c).

Abbildung 12: Aktuelle Verbreitung von Limenitis populi in den Bayerischen Alpen. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Trauermantel (Nymphalis antiopa)

Nymphalis antiopa zeigt eine weitere Verbreitung in den Bayerischen Alpen. Seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 gab es sehr viele Neunachweise vor allem in den Allgäuer Alpen und der Nagelfluhkette. Regelmäßige Nachweise in den gesamten Bayerischen Alpen, im Frühling oft häufig entlang breiter Waldwege die sich meist entlang von Gebirgsbächen verlaufen.

Gelbringfalter (Lopinga achine)

Die Lichtwaldart hat zahlreiche Neunachweise in den Bayerischen Alpen (Chiemgauer Alpen) und Teilen des Allgäus (Iller-Lech-Schotterplatten, Vilser Gebirge und Lech Vorberge). Verantwortlich dafür dürften im Allgäu u.a. Windwürfe und Käferkalamitäten sein. Überraschender Neufund im Stuhlholz südöstlich von Sulzemoos 2023: https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=981713 und Wiederfund im Donauried 2021 (Wolf).

Rostbinde Hipparchia (semele)

Hipparchia semele kommt heute nur noch in Mainfranken und in der Gegend um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr vor. Die Nachweise im Landkreis Rhön-Grabfeld (Dünsberg, Gegend um Ostheim, NSG Unsleben) sind auf weitere Einzelwanderungen einzelner Imagines zurückzuführen. In der Südlichen Frankenalb seit 2015 kein Nachweis und von der Fröttmaninger Heide nördlich München seit 2010 (Böck 2024d). Rund um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr der Hauptpopulation gibt es immer wieder Sichtungen einzelner Falter oft in weiterer Entfernung. Die beiden weitesten Wanderungen konnten westlich des Truppenübungsplatzes mit 7 Kilometern Entfernung am Rabenfels nordöstlich Krottensee und mit 13 Kilometern am Tannberg südwestlich von Plech beobachtet werden. Wie Beobachtungen schon im Landkreis Rhön-Grabfeld zeigen wandern einzelne Tiere von größeren Populationen ab und können oft weit davon entfernt beobachtet werden. Die Art gilt als klassischer Binnenwanderer (vgl. u.a. Hensle & Seizmeier 2024). Das dies auch noch über weitere Enfernung geschehen kann zeigt die Arbeit von De Ro et al. 2021. Hierbei konnten für Belgien mit Hilfe von Mikrosatelliten-Markern Wanderungen einzelner Falter von zwischen 13 und 69 Kilometern feststellen, In einem Extremfall fand eine Wanderung von der Küste zu einer Festlandpopulation von 142 Kilometern statt. Von 599 markierten Exemplaren konnte bei 1,2 % der Tiere (n=7) eine weitere Wanderung festgestellt werden. Nachweise von 1991 bis 1995 auf dem Gut Großlappen, auf der Freimanner Brenne, am Müllberg Fröttmaning und im Mallertshofer Holz, zeigten das Dispersionsverhalten dieser Art im Großraum München (Böck).

Abbildung 13: Aktuelle Verbreitung von Hipparchia semele im Raum Grafenwöhr. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Besondere andere Letztnachweise

Roter Apollo (Parnassius apollo):

Diskussionswürdige besondere Altnachweise fernab des Verbreitungsgebietes: Mauern bei Neustadt an der Donau, Belegexemplare: 2 Männchen 1948 (Freude H.). Eventuell Verwechslung mit Mauern im Wellheimer Trockental, Spalt Seminarwald, 1948 (Müller 1969), der genaue Fundort ist unklar und Straubing Bogenberg (dort laut Sturm in Wagner 2016 um 1909 erloschen). Der damals wald- und gebüschfreie Bogenberg dürfte wahrscheinlich der südöstlichste Fundpunkt der Verbreitung entlang der Donau gewesen sein. Ob es sich um eine Verdriftung handelt oder eine eigenständige Population vorkam ist im Nachhinein nicht mehr nachweisbar. Das nächste uns bekannte Vorkommen existierte in circa 40 km Entfernung am Burgberg bei Donaustauf bis 1969 (Müller 1976).

Berghexe (Chazara briseis):

Viele Nachweise durch Batz und Pinsker im Oberpfälzer Jura, im Riedenburger Schambachtal (am Kreutberg bei Altmannstein zuletzt 1973 durch Hirmer) und im Unteren Altmühltal in den 1950er Jahren. Feldbuch Herwig Pinsker. Nachweise aus den Mönchrödener Kalksteinbrüchen bis 1965 (schriftl. Mitt. Gick). Nachweise aus 1972 von Eichhofen und 1979 aus der Nähe von Undorf durch Sauer. Erfasser Schmalzbauer. Einige Nachweise aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld von 1993 (Dünsberg bei Oberelsbach) über Ende der 1990er Jahre (Kleiner Lindenberg bei Ostheim vor der Rhön in 7 Exemplaren und im NSG Unsleben) bis aktuell 2020 und 2023 (Weyhershauk bei Ostheim vor der Rhön), zeigen das sich immer wieder Satellitenpopulationen auf Bayerischer Seite ausgehend von Expansionen auf Thüringer Seite (Hauptpopulationen auf der Hohen Geba) bilden und dort wie am Kleinen Lindenberg in den 1980er und 1990er Jahren immer wieder längerjährige Bestände bilden können.

Regensburger Gelbling (Colias myrmidone): Die in Deutschland zuletzt (2000) am Hutberg bei Fischbach (Umgebung Kallmünz) beobachtete Art, hatte neben den in Bräu et al. 2013 genannten Fundorten noch zahlreiche andere Nachweise, die hier teilweise mit Letztnachweis aufgeführt werden. Die meisten wurden anscheinend bei der Literaturrecherche ( so z. B. die Arbeit von Gauckler 1963) für das Atlaswerk vergessen. Riedenburg (Fritz Müller 1910, Erfasser Schmalzbauer aus bayerischer Staatssammlung); Morsbach und Wachenzeller Tal, Krämer (1911), Schwandorf, (Knörzer 1918); Lengenfeld, Mittlere Frankenalb, (Belegexemplar) 1933 bayerische Staatssammlung, Erfasser Schmalzbauer), Bis 1963 im Irlbachtal und bei Regenstauf (Sammlung Teichmann und Sammler, Erfasser Schmalzbauer), Oberhinkofen bis 1963 regelmäßig und Einzelfund 1966 (Segerer et al. 1987 und Weidemann 1989). Seeberg bei Premberg 1991 (Flauger jun. mdl. Mitt.).

Abbildung 14: Aktualisierte ehemalige Verbreitung von Colias myrmidone in der Mittleren und Südlichen Frankenalb mit angrenzenden Regionen. Kreise: Nachweise in Datenbank ABE. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Der Dank gilt den vielen Meldern bei https://www.tagfalterbayern.de/ ohne deren Meldungen viele der Neufunde niemals bekannt geworden wären, sowie den fleißigen Mitkoordinatoren von Schmetterlinge in Bayern. Meldungen an unsere Portale sind weiterhin gerne erwünscht: https://www.schmetterlingebayern.de/.

Literatur:

Bräu, M., Bolz , R., Kolbeck, H., Nunner, A., Voith, J. & W. Wolf (2013): Tagfalter in Bayern. – Stutt-
gart, Ulmer. 784 S.

De Ro, A., Vanden Broeck, A., Verschaeve, L., Jacobs, I., T’Jollyn, F., VanDyck, H. & Maes, D. (2021): Occasional long-distance dispersal may not prevent inbreeding in a threatened butterfly. BMC Ecol Evo 21, 224. https://doi.org/10.1186/s12862-021-01953-z

Dumke, M. (2022): Neue Nachweise des Großen Feuerfalters Lycaena dispar ([Haworth], 1802) in Südostbayern. In: Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 21: 117–128. Faunistische Notizen (37–43)

Gauckler, K. (1962): Regensburger Sandbiene, Regensburger Heufalter und Regensburger Geißklee in ihrem süddeutschen Lebensraum – Hoppea – Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft – 1962 Band 25

Gros, P. & Gfrerer V. (2023): Lycaena dispar (Haworth, 1802), der Große Feuerfalter, eine für Salzburg neue Tagfalterart der FFH-Richtlinie (Lepidoptera: Lycaenidae) • Mitt. Haus der Natur 28: 25 – 30

Hensle, J. & Seizmair, M. (2024): Papilionidae, Pieridae, Nymphalidae, Lycaenidae und Hesperiidae 2023 (Lepidoptera, Papilionoidea) – Atalanta – 55_1-2: 3 – 76.

Knörzer, A. (1918) Beiträge zur Kenntnis der mittelfränkischen Leipdopterenfauna. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht der Rralschule Eichstätt 1918.

Kraemer, M. (1911): Beiträge zur Lepidopterenfauna von Mittelfranken. – Entomologische Rundschau – 28: 73 – 74.

Kratochwil, M. (2011): Der Karstweißling Pieris mannii (Mayer, 1851) – Neu in Bayern und Vorarlberg (Insecta: Lepidoptera: Pieridae).Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 11: 9–14.

Kudrna, O. & Meyer P. (1990): Grundlagen zu einem Artenhilfsprogramm für Colias myrmidone (Esper, 1780) in Bayern. Oedippus 1 : 1-46

Müller Rudolf (1976): Die Tagfalter aus den Beobachtungsgebieten Augsburg-Donauwörth-Neuburg/D.-Eichstätt-Dollnstein-Mühlheim

Morawietz, B., Dolek, M., Gottschaldt, K.-D., von Scholley-Pfab A. & Segerer, A. H. (2023): Ausbreitung der Trockenvariante („rebeli“) von Phengaris alcon (DENIS &SCHIFFERMÜLLER, 1775) im Raum München (Lepidoptera, Lycaenidae) – Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen – 072: 22 – 28.

Peškařová, T., Pavlíčko, A., Kuras, T. Fric, Z. & Konvicka, M. (2024): Population status of the highly endangered Lycaena helle (Papilionoidea, Lycaenidae) in the Šumava Mts. two decades after establishment. Nota Lepidopteologica 47. 171-186. DOI: 10.3897/nl.47.126025.

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