Erstfunde des Großen Esparsetten-Bläulings (Polyommatus damon) ([Denis & Schiffermüller], 1775) für die Bayerischen Alpen in den Allgäuer Hochalpen. Sicherer Erstnachweis der Berg-Esparsette (Onobrychis montana) als Eiablagepflanze für Bayern.

Abb. 1: Weibchen von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Abb. 2: Männchen von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Traufbachtal, 6.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Zusammenfassung: Meldeportale wie https://www.inaturalist.org/, https://observation.org/, https://naturgucker.de und auch das Lepiforum (https://lepiforum.org/) bieten vielen Naturbegeisterten und Naturfotografen die Möglichkeit ihre Funde von Experten an Hand von Fotos bestimmen zu lassen, hierbei ergeben sich immer wieder sensationelle Neu- oder Wiederfunde wie aus verschiedenen Publikationen zur Kleinschmetterlingsfauna in Bayern nachgewiesen werden konnte (vgl. z.B. Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern 2024). Bei den gut untersuchten Tagfaltern sind solche Funde natürlich seltener, aber wie in diesem Fall kann auch eine bayern- und bundesweit vom Aussterben bedrohte Art in einem neuen Naturraum nachgewiesen werden. Der Große Esparsetten-Bläuling (Polyommatus damon) ist in Mittel- und Osteuropa sehr stark im Rückgang begriffen und droht nun auch in Tschechien auszusterben. Der Letztnachweis erfolgte dort 2019 (Skala et al. 2023). Als ausgestorben gilt die Art in der Slowakei, Polen, Rumänien und Ungarn. In Österreich nur noch Metapopulationen in den Tiroler Alpen und Einzelnachweise aus dem Burgenland und Niederösterreich. In Oberösterreich vermutlich ausgestorben (Groß & Hauser 2014). In Deutschland auf Thüringen Truppenübungsplatz Ohrdruf und Umgebung https://www.tagfalter-thueringen.de/beobachtungen) und Thüringische Rhön (Wiederfund durch Einachweise nach 6 Jahren. mdl, Mitt. Sebastian Vogel), Baden-Württemberg (Mittlere Schwäbische Alb und Ostalb, vielerorts bedeutende Bestandsrückgänge zu verzeichnen) und Bayern beschränkt, dort nur noch im Grabfeld, der Vorrhön und in niedriger Populationsdichte in der Fränkischen Alb. Näheres dazu in der Veröffentlichung von Oliver Böck: https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/02/29/gefaehrdungslage-der-streifenblaeulings-polyommatus-damon-in-bayern/, Böck (2022) sowie Sucháčková Bartoňová et al. (2021). Umso erfreulicher war der Neufund dieser Art in den Allgäuer Hochalpen. Einem Hinweis auf die Art gab eine Meldung auf inaturalist.org. Herbert Stadelmann wurde bei einer Nachsuche an zwei Stellen fündig, in der Höfatswanne und im Traufbachtal. Insgesamt 3 Männchen und 3 Weibchen konnten dabei festgestellt werden. Neben den schon in der Literatur bekannten Raupenfutterpflanzen Futter- und Sand-Esparsette (Onobrchis viciifolia und O. arenaria) konnte für Bayern erstmals die Berg-Esparsette (Onobrychis montana) als Eiablagemedium bestätigt werden. 2025 wurden daraufhin nochmals ein paar Stellen nachkontrolliert. Oliver Böck fand im Traufbachtal insgesamt sechs Männchen und Felix Steinmeyer beobachtete die Art mit Benjamin Schmid und Johannes Honold zwischen Rotem Loch und dem Seilhenker im Höfatsmassiv. Zwei Männchen und vier einzeln abgelegte Eier konnten sie an Berg-Esparsette (Onobrychis montana) nachweisen. In diesem Artikel wird auf die aktuelle Verbreitung der Art sowie ihrer Raupenfutterpflanze eingegangen, deren Verbreitung in den Nördlichen Kalkalpen ebenfalls besser durch die Meldeportale und Literaturrecherche eruiert werden konnte und die nun erstmals sicher in beiden Jahren als Eiablagemedium für Bayern nachgewiesen wurde

Abstract: Biological portals such as https://www.inaturalist.org/, https://observation.org/, https://naturgucker.de and also the Lepiforum (https://lepiforum.org/) offer many nature enthusiasts and nature photographers the opportunity to have their findings identified by experts, resulting in sensational new discoveries or re-discoveries, as can be seen from various publications on the moth fauna in Bavaria (see e.g. Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern 2024). Such findings are of course rarer among the well-studied butterflies, but as in this case, a species threatened with extinction in Bavaria and nationwide can also be found in a new natural area. The damon blue (Polyommatus damon) is in steep decline in Central and Eastern Europe and is now also at high risk of extinction in the Czech Republic. The last record there was in 2019 (Skala et al. 2023). The species is considered extinct in Slovakia, Poland, Romania and Hungary. In Austria only metapopulations in the Tyrolean Alps and single records from Burgenland and Lower Austria. In Upper Austria probably exstinct (Groß & Hauser 2014). In Germany in Thuringia (Ohrdruf military training area and surroundings https://www.tagfalter-thueringen.de/beobachtungen) and Thuringian Rhön (rediscovery after 6 years, pers. comm. Sebastian Vogel), Baden-Württemberg (Middle Swabian Alb and Eastern Alb where significant population declines have been recorded in many places) and Bavaria, there only in the Grabfeld, the Vorrhön and in low population density in the southern Franconian Alb. For more details, see the publication by Oliver Böck: https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/02/29/gefaehrdungslage-der-streifenblaeulings-polyommatus-damon-in-bayern/, Böck (2022) and Sucháčková Bartoňová et al. (2021). The new discovery of this species in the Allgäu Alps was all the more suprising. A report on inaturalist.org gave a hint about the species, Herbert Stadelmann found it in 2024 in two places during a search. A total of 3 males and 3 females were found at the Höfatswanne and in the Traufbach valley. In addition to the caterpillar food plants already known in the literature, the common sainfoin (Onobrchis viciifolia) and the sand sainfoin (O. arenaria), the mountain sainfoin (Onobrychis montana) has been confirmed as an egg-laying medium for the first time in the Federal State of Bavaria. In 2025, a few locations were checked again. Oliver Böck found a total of six males in the Traufbach valley, and Felix Steinmeyer, Benjamin Schmid, and Johannes Honold made a discovery between Rotem Loch and Seilhenker in the Höfats massiv. They found two males and four individually laid eggs on mountain sainfoin (Onobrychis montana). This article discusses the current distribution of the species and its caterpillar food plant, whose distribution in the Northern Limestone Alps was also better determined through reporting portals and literature research and which has now been reliably identified as an egg-laying medium for the federal state of Bavaria for the first time in both years.

Entstehungsgeschichte der Funde

Am 31.07.2023 wurde auf INaturalist eine Meldung im Sperrbachtobel (Allgäuer Hochalpen) von Polyommatus damon (Großer Esparsetten-Bläuling) veröffentlicht. Der Zufallsfund eines Fotografen wurde von den Projektkoordinatoren von Tagfalter in Bayern zufällig entdeckt, da das Foto auch noch Lysandra coridon enthielt, wurde die Meldung als selbiger auch verzeichnet. Ein Schreiben an den betreffenden Melder blieb unbeantwortet und er befand sich auf einer längeren Reise die ihn auch durch Südfrankreich führte, wo die Art stellenweise häufig ist. Die nächste bekannte Beobachtung (von 1995) der Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette Onobrychis montana (sehr selten in Bayern, nur in den Allgäuer Hochalpen und am Aggenstein gemeldet und RL 2 Art) befindet sich laut https://www.floraweb.de/shiny/florakarte/?taxonid=3911 nicht weit entfernt in circa 1,7 Kilometer Entfernung am Spätengundkopf. Die Beobachtung könnte ein dispergierendes Männchen gewesen sein, oder auch im Sperrbachtal gibt es eine rezente Population.

https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=989918 /

https://www.inaturalist.org/observations/177953463

Durch Thorben Krauskopf wurde Herbert Stadelmann im Oktober 2024 mitgeteilt, dass ein Video auf YouTube, aufgenommen 2021 im Traufbachtal ein Männchen von Polyommatus damon zeigt, somit gilt nun dieser als erster Fund der Art im Allgäu:

https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=1102213

Verbreitung und ehemalige Verbreitung von Polyommatus damon in den angrenzenden Regionen

Die nächsten Beobachtungen von Polyommatus damon stammen aus Tirol in gut 25 Kilometern Entfernung zu den aktuellen bayerischen Nachweisen. Dort im Rosannatal bei Pettneu gefunden, im Inntal relativ weit verbreitet unter anderem bei Landeck, Fließ, Kauns, Serfaus, Fiss, Birkach, Nauders (Pagitz, K. & Huemer, P. (2021), observation.org., Oliver Böck). Desweiteren wird Polyommatus damon in den Hochlagen (entlang des Inns) auch in der Schweiz bis Sankt Moritz (https://lepus.infofauna.ch/carto/31081) gefunden. In Vorarlberg gab es vor 1980 Sichtungen in insgesamt fünf Raumeinheiten, seitdem erfolgte kein Nachweis mehr, sie gilt laut aktueller Roter Liste als ausgestorben (Huemer et al. 2022). Im Bundesland Salzburg kam Polyommatus damon bis 1957 vor (Gros 2023). So ist der Tagfalter auch außerhalb der Allgäuer Alpen in den bayerischen Nördlichen Kalkalpen nicht zu erwarten. Ob die Art bei vorherigen Kartierungen übersehen wurde, oder ob sie bedingt durch den Klimawandel erst in den letzten Jahren zugewandert ist bleibt offen. Gegen eine Zuwanderung spricht, das die Raupenfutterpflanze Onobrychis montana dort zumindest an einigen Stellen in der Alpenbiotopkartierung als häufig genannt wird, der späte Flugzeitbeginn und das äußerst steile Terrain, welches nur schwer begehbar ist. Die Männchen können Mineralien und Flüssiglkeit aufnehmend auf Kiesflächen und auf breiteren nicht asphaltierten Wegstellen entlang der Gebirgsflüsse beobachtet werden. Im Traufbachtal wurde noch keine Nektaraufnahme der Männchen beobachtet, während die Weibchen in der Höfatswanne auf Onobrychis montana saugten.

Verbreitung von Onobrychis montana und verwandten Arten in den Allgäuer Hochalpen und angrenzenden Regionen

Die Berg-Esparsette (Onobrychis montana) kommt in Deutschland nur auf der Mittleren Schwäbischen Alb und in den Allgäuer Hochalpen vor. Die gemeinsame Verbreitungsüberlappung auf der Mittleren Schwäbischen Alb ist nur sehr klein und beschränkt sich aktuell auf das Gebiet um Albstadt-Truchtelfingen und Hohenstein-Oberstetten (https://www.floraweb.de/shiny/florakarte/?taxonid=3911&loadatlas, https://www.schmetterlinge-bw.de/Lepi/EvidenceMap.aspx?Id=440992). Sichere Eiablagenachweise an Onobrychis montana liegen dort aus beiden Bereichen seit 2019 vor. Polyommatus damon belegt in dieser Region aber auch Onobrychis vicciifolia (schriftl. Mitt. Gabriel Hermann).

Vorkommen von Onobrychis montana in der Umgebung in Nordtirol im hintersten Hornbachtal (Tirol) an mehreren Stellen und ebenfalls auf Kiesen des Hornbachs (Dörr 1983). Hiermit erklärt sich auch das benachbarte Vorkommen (3-5 Kilometer entfernt) im Traufbachtal. Weitere Funde aus Tirol von Onobrychis montana von mageren Mähwiesen, Rinderweiden und Schafweiden im Inntal bei Nauders, Serfaus und von einer großflächigen Rinderweide bei Fiss sowie den Fließer Sonnenhängen (https://observation.org/observation/321305262/, https://observation.org/observation/275745279/, Oliver Böck). Dort sicherlich weit verbreitet. Sie wird in der neuen Roten Liste Nord- und Osttirols als gefährdet (vulnerable) geführt. und kommt zerstreut in 11–35 Quadranten vor, ein starker Rückgang von rund 25-50 Prozent des Verbreitungsgebietes und/ oder die Populationen sind zu verzeichnen. Eine künftige (weitere) Abnahme um 10–25 % ist wahrscheinlich (Pagnitz et al. 2023). Im Pflegeplan für die Fließer Sonnenhänge wurde nur Onobrychis viciifolia genannt (Falkeis et al.2016), bei Bamberger et al. 2022 wird Onobrychis arenaria für diesen Fundort (Fließ) aufgeführt, die beide in den Allgäuer Hochalpen nicht heimisch sind. Funde der Futteresparsette (wahrscheinlich angesalbt) im Allgäu entlang der Bahnstrecke bei Oberstdorf und Fischen, sowie bei Vorderhindelang laut Dörr 1983. Onobrychis arenaria ist in Bayern nur in der Vorrhön und Mainfranken weiter verbreitet, daneben meist nur Einzelnachweise aus dem südlichen Steigerwald, aus der Südlichen Frankenalb und dem Taubertal (https://daten.bayernflora.de/de/info_pflanzen.php?taxnr=3907&suchtext=Onobrychis%20arenaria&g=&de=#name=3907,yearGrouping=1,map=7.5/49.696/10.748).

Onobrychis montana kommt in Vorarlberg noch zertreut und selten vor, so zum Beispiel bei Brand (Amann 2016, https://observation.org/observation/318231053/).

Aktuelle Verbreitungssituation in den Allgäuer Hochalpen mit Angaben zur Ökologie und den Habitaten

Herbert Stadelmann fand zusammen mit Felix Steinmeyer (Gebietsbetreuer Allgäuer Hochalpen) bei einer Nachsuche 2024 an Plätzen mit Nachweisen der Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette insgesamt sechs Individuen der Art in zwei Gebieten, im Traufbachtal und an der Höfatswanne (Abbildungen 1 und 2). Dies sind die nördlichsten Funde in den gesamten Alpen. Oliver Böck beschäftigte sich in dieser Arbeit mit der aktuellen Verbreitungsituation von Polyommatus damon und Onobrychis montana in den Nördlichen Kalkalpen und der Literatursichtung. Eigene Beobachtungen aus Tirol (Inntal zwischen Landeck und Nauders) aus den 1990er und 2010er Jahren flossen dabei mit ein. Zweimal erfolgte eine Begehung des Traufbachtals, 2025 dann auch erfolgreich. Dieser spektakulären Funde zeugen davon, das selbst bei den Tagfaltern durch wissenschaftliche Nachsuchen noch bedeutende Neufunde in den Bayerischen Alpen getätigt werden können.

Eine Nachsuche im Traufbachtal (2,5 Kilometer vom Sperrbachtobel entfernt) am 6.8.2024 durch Herbert Stadelmann und Felix Steinmeyer hatte Erfolg. Sie konnten zwei frisch geschlüpfte Männchen bei der Mineralienaufnahme im Bereich der Vorderen Traufbergalpe zusammen mit Cupido minimus und Arctia artaxerxes beobachten. Hier gibt es laut Dörr & Lippert 2001 ein isolierten kleinen Fundort von Onobrychis montana (Berg Esparsette) auf einer Kiesbank auf 1160m im Traufbachtal, laut Dörr 1983 unterhalb des Bettlerrückens gefunden. Wie in der Alpenbiotopkatierung von Michael Wecker genannt, sind die südseitigen Hänge am Trogschluss des Traufbachtals und vereinzelt Kiesbänke desselben mit der Futterpflanze bestanden.

Bei einer Nachsuche durch Markus Dumke und Oliver Böck am 15.8.2024 konnten lediglich die teilweise intensiv beweideten Hänge im vorderen Bereich bis zur Hinteren Traufbachalpe als Habitat ausgeschlossen und keine Imagines nachgewiesen werden.

Oliver Böck war am 8.8.2025 nochmals im Traufbachtal und konnte an drei Stellen insgesamt mindestens sechs Männchen finden. Ein Männchen wurde bei der Mineralienaufnahme an der Hinteren Traufbergalpe und der Rest in zwei Bereichen des Talabschnittes Höhengern. Meist waren sie bei der Mineralienaufnahme am Boden zu sehen. Trotz eines teilweise guten Blühangebots konnte keine Nektaraufnahme beobachtet werden. An einer Fundstelle waren es insgesamt mindestens vier Männchen. Dabei wurde ein Blatt mehrmals von verschiedenen Männchen als Revieransitz und zur Aufnahme von Blattausscheidungen (Dung- oder Mineraldüngerausbringung oder Kuhurin?) genutzt und auch verteidigt (Abbildungen 3 bis 5). Teile des Flussbetts des Traufbachs, ein steiler Hangbereich und einige Böschungen wurden nach Onobryhchis montana abgesucht, aber ohne die Art nachzuweisen. Dies gestaltete sich als schwierig, da die Art schon verblüht, oder eventuell durch die Rinderbeweidung abgefressen war. Zwei aktuelle Fundmeldungen bei Inaturalist zeigen die Bergesparsette aus der unmittelbaren Umgebung der Fundorte der Imagines https://www.inaturalist.org/observations/303449799 und https://www.inaturalist.org/observations/225121859. Als Habitat kommen sowohl die meist unbeweideten Urrasen an extrem steilen und felsdurchsetzten Stellen teilweise mit Hangrutschungen in Frage, dort gedeihen alpine Kalkrasen mit Rostseggenrasen und Blaugras-Horstseggenrasen, die nicht beweidet und sporadisch wahrscheinlich von Gemsen abgegrast werden. Nur in äußest steilem Gelände verbuschen diese Flächen nicht. In den niedrigeren Lagen des Bereichs im Durrach haben derartige Flächen auf Grund des stärkeren Bewuchses keine Habitateignung. Des Weiteren kommen auch extensiv rinderbeweideten Flächen oder Bereiche an Uferböschungen als Habitat in Frage, eine genaue Abklärung ist erst durch eine gezielte Kartierung der Raupenfutterpflanze möglich. Eine Gefährdung geht von der Güllung und der Intensivierung der Rinderhaltung in diesen Bereichen aus. Die Kiesbänke hatten meist gar keinen Pflanzenaufwuchs. Die Männchen unterscheiden sich wie bei vielen Alpenpopulationen (z.B. Parnassius apollo und Euphydryas maturna) von den Flachland-Populationen durch eine dunklere Färbung. Am Aggenstein, von wo es Nachweise der Raupenfutterpflanze gibt, gelang Oliver Böck zusammen mit Benjamin Morawitz am 13.8.2025 kein Imaginalnachweis. Dort wurde der Böse Tritt im Osten, sowie von Gemsen beweidete Geröllflächen unterhalb des Gipfels im Westen des Bergmassivs abgesucht.

Abb. 3: Nachweis eines Männchens von Polyommatus damon im Traufbachtal. An dieser Stelle insgesamt mindestens vier Männchen, Allgäuer Hochalpen, 1293 m, 8.8.2025 (Foto: Oliver Böck)

Abb. 4: Männchen von Polyommatus damon im Traufbachtal an Blattausscheidungen/DüngerUrin saugend. Allgäuer Hochalpen, 1293 m, 8.8.2025 (Foto: Oliver Böck)

Abb. 5: Fundort von mindestens vier Polyommatus damon Männchen. Allgäuer Hochalpen, Traufbachtobel, 1293m, 8.8.2025 (Foto: Oliver Böck)

Sonst ist Onobrychis montana nur an wenigen Stellen, um die Höfats bekannt, was sehr steiles Gelände bedeutet. Für trittsichere und schwindelfreie Bergsteiger gibt es einen Weg zur Biwakschachtel über die Höfatswanne (Höfats SW Flanke). Dort hat Herbert Stadelmann am 29.7.2013 Onobrychis montana (ohne Falter) flächig gesehen (Abbilungen 6 und 7). Beschrieben wird dies auch bei Dörr & Lippert (2001).

Abb. 6: Berg-Esparsette (Onobrychis montana), Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 29.7.2013 (Foto: Herbert Stadelmann)

Abb. 7: Fundort der Berg-Esparsette (Onobrychis montana), Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 29.7.2013 (Foto: Herbert Stadelmann)

Am 13.8.24 waren der Herbert Stadelmann und Felix Steinmeyer auf der Suche nach Polyommatus damon an der Höfatswanne (Höfats SW) im äußerst schwierigen Gelände erfolgreich! Sie konnten dabei zum ersten Mal für Bayern die Eiablage an der Bergesparsette nachweisen. Auf ca. 1750 m waren ca. drei Weibchen mit der Eiablage beschäftigt und ein Männchen konnte ebenfalls beobachtet werden.. Aufgrund des z.T. unzugänglichen Geländes untersuchten sie nur ein kleines Teilgebiet von 1650 bis 1750 m mit ca. 270 qm. Es bestand aus alpinen Rasen (Blaugras-Horstseggenrasen) durchsetzt mit Jura Kalkstein, plattig bis dünnbankig z. T. mit Hornsteinen > „Malm-Aptychenschichten“ (Abbildung 8).

Abb. 8: Habitat von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 1750m, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Die Tiere flogen ab ca. 11 Uhr, da die Sonne ca. gegen 9:30 Uhr das Gebiet erreichte. Die Bergesparsette war großteils verblüht oder abgebissen (wohl von Gämsen). Die Eiablage war in der Nähe vegetationsarmer Bodenplatten. Weibchen konnten beim saugen an Ononbrychis monatana beobachtet werden (Abbildung 9). Es wurden zwei Eier gefunden. Auch waren hier schwarze Ameisen (unbestimmt) sichtbar. Die Eiablage erfolgte nicht an der Verzweigung der Tragblattachseln, sondern einmal in der Vegetationsmatrix an Onobrychis montana, aber auch auf dem Blatt einer anderen unbestimmten Pflanze.  

Abb. 9: Weibchen von Polyommatus damon an Onobrychis montana saugend, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 1750m, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Da nur ein kleiner Ausschnitt (ca. 10% bis 20% der potentiellen Habitate) in der Höfatswanne die vegetationskundlich von Seslerion-Sippen mit Caricion ferrugineae-Elementen in der Alpenbiotopkartierung von Michael Wecker untersucht wurde, ist nun schwer abschätzbar wie groß der Lebensraum für Polyommatus damon ist. Es ist abhängig von der Verbreitung der Futterpflanze im Gebiet, wie auch der Höhenverbreitung von Polyommatus damon.

Am 15.8.2025 konnten Felix Steinmeyer, Benjamin Schmid und Johannes Honold im Höfatsmassiv nochmals fündig werden, nachdem auch von dieser Stelle Onobrychis montana teilweise häufig kartiert wurde. Zwischen Seilhenker und Rotem Loch (Kleine Höfats) konnten sie zwei Männchen beobachten und insgesamt vier Einachweise an Onobrychis montana liefern, ein Männchen dabei auf 1657 Metern Höhe (schriftl. Mitt. Steinmeyer, https://www.inaturalist.org/observations/306306826). Die Eiablagen erfolgten an relativ kleinen Exemplaren der Berg-Esparsette auf schmalen bewachsenen Bändern am Fuß der südostexponierten Felswände und Felsbänder (Abbildung 10). Die vier Eier, die sie gefunden haben, waren auf Blattspreiten, Früchten und verblühten Kronblättern abgelegt (je ein Ei pro Pflanze) (Abbildung 11). Die Pflanzen waren im Großteil verblüht oder abgebissen, aber es fanden sich noch blühende Exemplare. Die Art war im Untersuchungsgebiet recht häufig (schriftl. Mitt. Honnold).

Abb. 10: Allgäuer Hochalpen, Eiablagehabitat am Seilhenker, Onobryhis montana wächst dort entlang der Felsbänder, 14.8.2025 (Foto: Johannes Honnold)

Abb. 11: Allgäuer Hochalpen, Eiablage an der Blattoberseite von Onobrychis montana am Seilhenker, 14.8.2025 (Foto: Johannes Honnold)

Am Linkerskopf (dort Gefährdung durch Schafbeweidung) laut bayernflora.de (zuletzt 2002) und am Spätgundkopf (Nachweis von 1995 (https://www.floraweb.de/shiny/florakarte/?taxonid=3911), zwei Nachweisorten von Onobrychis montana sollte nach Polyommatus damon nachkontrolliert werden. Ebenfalls im Stillachtal, Bacherlochtal, Sperrbachtal und auf einer Mähwiese in der Nähe des Söllerecks, dort größere Bestände von Onobrychis viciifolia.: https://observation.org/observation/319723144/. Am Fellhorn waren zwei Nachsuchen in diesem Jahr nicht erfolgreich. Daneben sollte noch angrenzend an die Höfats die Rauhenhalsalpe mit dem Kitzberg und die steil abfallenden Hänge der Höfatsmannl näher untersucht werden. Möglicherweise ist Onobrychis montana und mit ihr Polyommatus damon doch weiter verbreitet, aber das Reproduktionsareal ist sicherlich sehr klein.

Abb. 12: Karte der aktuellen Verbreitung von Polyommatus damon in den Allgäuer Hochalpen.

Gefährdungsursachen in den Allgäuer Hochalpen

Eine Gefährdung besteht in den höheren Lagen des Seilhenkers und der Höfats-Ostseite durch zu intensive Rinder- oder Schafbeweidung und das damit verbundene Wachstum von Läger- und Unkrautfluren, was deutlich an der Gutenalpe zu sehen ist. Dort könnte auch Gülleaufbringung eine Gefahr darstellen. In der Höfsatswanne durch die Stickstoffanreicherung und damit stärkerem Grasaufwuchs gefährdet. Die Flächen wurden teilweise noch bis in die 1950er Jahre als Heumähder genutzt (Natura 2000 Managementplan Allgäuer Hochalpen). Eine Reimplimentierung dieser alten Bewirtschaftungsform wäre wünschenswert, wird aber wahrscheinlich nicht machbar sein. In den niedrigeren und höheren Lagen des Hinteren Traufbachtals durch zu intensive Beweidung und Düngung (Gülle) gefährdet. Auf den alpinen unbeweideteten Kalkrasen auch durch Stickstoffeinträge aus der Luft und damit einer Vergrasung. Eine genaue Ermittlung der Verbreitung von Onobrychis montana ist wichtig um beide Arten gezielt zu fördern und um möglichen Fehlbeweidungen oder Düngeeinträgen vorzubeugen.

Weiterer Forschungsbedarf, Danksagung und Infos

Meldungen zu dieser Art sind sehr gerne auf dem Portal der ABE Tagfalter in Bayern erwünscht. Die Genetik der Art in den Allgäuer Hochalpen sollte gebarcodet und mit Individuen aus dem Tiroler Inntal und den anderen bayerischen Populationen verglichen werden. Laut einer alten Arbeit von Schawerda (1924) gehören die Bestände von Polyommatus (Lycaena) damon Nordtirols und der Ostschweiz zu der Form ultramarinus, da angeblich die Männchen in einem anderen mehr ultramarinen Blau leuchten. Bei den eigenen Beobachtung durch die Autoren wurde eine dunklere Färbung, auch bei den Weibchen, wie bei den Flachpopulationen festgestellt. Die Flugzeit scheint nur von kurzer Dauer zu sein, während im Traufbachtal am 6.8.2024 und 8.8.2025 fast nur frische Männchen gefunden wurden, waren die Tiere rund um die Höfats an beiden Terminen 2024 und 2025 circa eine Woche später trotz gut mehr als 300-400 Höhenmetern schon abgeflogen. Im Traufbachtal konnte die Art schon am 15.8.2024 nicht mehr beobachtet werden. Eine genauere Untersuchung hierzu steht ebenfalls noch aus, denn eigene Daten aus Nauders in Tirol reichen vom 20.7. bis 27.8. Die Entwicklung eines Schutzkonzepts sollte dringend erwägt und eine genaue Kartierung von Onobrychis montana dabei mit einbezogen werden.

Unser Dank gilt Johannes Honnold für die zur Verfügungstellung der Fotos vom Seilhenker und Felix Steinmeyer für seine Exkursionen in die Habitate.

Weitere Infos zur Futterpflanze Berg-Esparsette (Onobrychis montana)

https://daten.bayernflora.de/de/info_pflanzen.php?taxnr=3911&suchtext=montana&g=&de=

Verbreitung des Großen Esparsetten-Bläulings (Polyommatus damon) in Bayern

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Polyommatus%20damon

Natura 2000 Managementplan Allgäuer Hochalpen

https://www.lfu.bayern.de/natur/natura2000_managementplaene/8027_8672/doc/8528_301/texte/de8528301_t_fg_nfin_ffin.pdf

Literatur

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Falkeis, E., Partl, E. & Totschnig U. (2016): PFLEGEPLAN 2.0 – TROCKENRASEN MANAGEMENT
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Sucháčková Bartoňová, A., Konvička, M., Marešová, J., Bláhová, D., Číp, D., Skala, P.,
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1093/isd/ixab017

Ein Gedanke zu „Erstfunde des Großen Esparsetten-Bläulings (Polyommatus damon) ([Denis & Schiffermüller], 1775) für die Bayerischen Alpen in den Allgäuer Hochalpen. Sicherer Erstnachweis der Berg-Esparsette (Onobrychis montana) als Eiablagepflanze für Bayern.

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