Archiv der Kategorie: Tagfalter

Besondere aktuelle Nachweise, Altnachweise und Ausbreitungstendenzen von ausgewählten Tagfalterarten in Bayern

Zusammenfassung: Seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 haben sich überraschende Neu- oder Wiederfunde von Tagfaltern in Bayern ereignet. Als spektakuläre Beispiele gelten dabei die Neufunde von Polyommatus damon in den Allgäuer Hochalpen, der Wiederfund von Glaucopsyche alexis für Südbayern und die Wiederfunde von Muschampia floccifera für Ostbayern. Einige Arten haben große Arealexpansionen erfahren wie zum Beispiel Pieris mannii (wohl über ganz Bayern verbreitet), Pyrgus armoricanus in Nordwestbayern, Brintesia circe in der Fränkischen Alb und in Ostbayern auch außeralb des Jurazuges oder Lycaena dispar in Ostbayern (Sage 2019 und Dumke 2022). In diesem Artikel werden die einzelnen teilweise auch überraschenden Entwicklungen dargestellt. Ebenso werden Altnachweise genannt, die bis dato nur auf unserer Datenbank gemeldet wurden wenn sie besonders spektakulär waren, wie die Funde von Euphydryas maturna im Silberbrünnl bei Aichach.

Abstract: Since the publication of Bräu et al. 2013, there have been surprising new discoveries or rediscoveries of butterflies in Bavaria. Spectacular examples include the new findings of Polyommatus damon in the Allgäu Alps, the rediscovery of Glaucopsyche alexis in South Bavaria and of Muschampia floccifera in eastern Bavaria. Some species have experienced large range expansions, such as Pieris mannii (probably widespread throughout Bavaria), Pyrgus armoricanus in north-western Bavaria, Brintesia circe in eastern Bavaria, outside the Jura range, and Lycaena dispar in eastern Bavaria (Sage 2019 and Dumke 2022). This article presents the individual developments, some of which are also surprising. We also mention old records that were previously only reported on our database if they were particularly spectacular, such as the findings of Euphydryas maturna in the Silberbrünnl near Aichach.

Arten mit Wieder- oder Neufunden in einzelnen Regionen

Heilziest-Dickkopffalter (Muschampia floccifera)

Wiedernachweis in Ostbayern aus dem Lallinger Winkl von Mario Harzheim vom 14. Juni 2019 ( https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=177176). Der Fundort war eine magere Feuchtwiese mit Beständen des Heilziests (Betonica officinalis) südlich von Eiserding. Laut Dolek (mdl Mitt.) in ca. zehn Kilometer Entfernung auch an einer anderen Stelle nachgewiesen. In Morawietz et al. 2023 wird über die Herkunft dieser Populationen diskutiert, Funde in zwei verschiedenen Gebieten scheinen auf eine Bodenständigkeit hinzudeuten, die unauffällige Art scheint dort übersehen worden zu sein, zumal auch Altnachweise aus der Region kommen. Eine genauere Ermittlung des Verbreitungsbildes wäre dringend angeraten.

Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle)

Neunachweise für den Hinteren Bayerischen Wald bei Haidmühle von 2021 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=250034) und 2022 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=987845). 2002 wurde eine Wiederansiedelung der Art durch eine Spenderpopulation aus den Türnitzer Alpen (Österreich) grenznah auf tschechischer Seite (Nové Údolí) begonnen. Diese war erfolgreich, wie die Arbeit von Peškařová et al. 2024 zeigt. So lassen sich auch die Funde auf bayerischer Seite erklären. Der aktuelle Status der Art in der Umgebung von Haidmühle sollte näher untersucht werden.

Abbildung 1: Lycaena helle Weibchen, Haidmühle, 14.6.2021, (Foto: Michael Bäumler)

Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis)

Wiedernachweis durch Georg Stiegel für Südbayern in der Kissinger Heide am 15.6.2013 (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1177581). Es handelte sich dabei um den Einzelnachweis eines Männchens. das Habitat ist eine Verzahnung lichter Waldstrukturen mit offenen Heideflächen und bietet somit auch Coenonympha hero Lebensraum. Im südlichen Steigerwald teilen sich beide Arten teilweise auch dasselbe Habitat. Glaucopsyche alexis wurde bis in die 1950er Jahre aus Südbayern südlich von München (von Grünwald bis Wolfratshausen mit mehreren Fundorten) gemeldet, hatte aber auch nördlich der Stadt einige Nachweise (Bräu & Schwibinger 2001). Aus der Augsburger Umgebung gab es laut Freyer 1860 Nachweise zwischen Straßberg und Bannacker. Laut Munk 1898 Falter einzeln im Juli. Danach nicht mehr wiedergefunden, so zum Beispiel bei Käser 1955. So handelt es sich um eine bedeutende Wiederentdeckung der Art nach über 100 Jahren für den Augsburger Raum und circa 60 Jahre für Südbayern. Im Gebiet zwischen Straßberg und Bannacker konnte auch Boloria eunomia in einem anderen Habitattypus wiedergefunden werden (Stiegl 2021). Eine genauere Nachsuche von Mitte Mai bis Mitte Juni wäre dabei auf allen Heiden auch im Umkreis ratsam (Königsbrunner Heide, Schießplatzheide, Dürrenastheide). In Nordbayern derzeit in Ausbreitungstendenzen im Sandsteinspessart, entlang des Mains bis in das Itz-Baunach-Hügelland, so zum Beispiel regelmäßige Nachweise aus dem Vogelschutzgebeit Garstadt.

Streifenbläuling (Polyommatus damon)

Neunachweise der Art durch Herbert Stadelmann für die Bayerischen Alpen im Traufbachtal und an der Höfats von 2024. Davor konnten schon 2021 in einem YouTube-Video (Traufbachtal) und bei einer Meldung auf observation.org (2023 im Sperrbachtobel) Nachweise erbracht werden. Näheres dazu in dieser Veröffentlichung von Stadelmann, H. & Böck, O. (2024): https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/08/17/der-grosse-esparsetten-blaeuling-oder-streifenblaeuling-polyommatus-damon-im-allgaeu-noerdlichster-fundort-in-den-alpen/. Als Habitat gelten dort steile, wahrscheinlich sporadisch nur von Gämsen beweidete, felsenreiche Blaugras-Horstseggenrasen (Urrasen), eventuell auch Rostseggenrasen mit der Raupenfutterpflanze Ononbrychis montana, welche in Bayern ebenfalls sehr selten und nur aus den Allgäuer Hochalpen und wohl angesalbt am Aggenstein bekannt ist. Neue Fundorte dieser Pflanze konnten über verschiedene Portale ermittelt werden, eventuell finden sich noch andere Populationen der Art, so in der weiteren Umgebung der Höfats. Die zwei Eiablagen erfolgten laut Stadelmann einmal in der Vegetationsmatrix an der Raupenfutterpflanze, aber auch auf dem Blatt einer anderen unbestimmten Pflanze. Besonderer neuer Altnachweis: Auerbach Grünberg von 1980 bis 1990 fünf Nachweise von Peter Huber maximal 1981 und 1985 je sieben und fünf Individuen, Erfasser Klaus Schmalzbauer. Letztnachweise: Seeberg bei Premberg 1976 Flauger, zwischen Deuerling und Laaber, Nachweise von Josef Schreiner von 1975 bis 1981 vier einzelne Belegexemplare. Erfasser Klaus Schmalzbauer. Nachweis Breitschafter 1973, ein Beleg aus Duggendorf. Erfasser: Klaus Schmalzbauer.

Abbildung 2: Habitat von Polyommatus damon in der Höfatswanne, 13.8.2024 (Foto Herbert Stadelmann)

Arten mit großen Arealexpansionen

Großer Feuerfalter ( Lycaena dispar)

Weitere Ausbreitung in Ostbayern. Im Jahr 2019 erfolgten die ersten Nachweise in Südostbayern in Altötting, Bad Birnbach, Untergriesbach und Pocking (Sage 2019).Bis 2021 zahlreiche Nachweise im Rott-Tal bis Eggenfelden sowie bei Braunau am Inn und Burghausen (Dumke 2022). Bis Ende 2024 nochmals eine deutliche Arealerweiterung entlang der Donau bis zur Isarmündung zwischen Plattling und Deggendorf im Norden, im Isartal bis Wörth sowie entlang der Isen bis nach Ampfing. Die Art breitet sich entlang von Ausgleichsflächen, Bahnstrecken oder größeren Strassenböschungen aus, kann sich dort wie in Passau auch auf einem Parkplatz von Lidl reproduzieren (Markus Dumke). Die Arbeit von Gros & Gferer 2023 zeigt das nun auch das Bundesland Salzburg in Österreich langsam besiedelt wird, der westlichste Fundpunkt ist die Weitwörther Au, welcher nur rund einen Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ist.. Neunachweise an der Salzach zwischen Freilassing und Laufen dürften damit auch sehr wahrscheinlich sein.

Abbildung 3: Aktuelle Verbreitung von Lycaena dispar in Südostbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Weißer Waldportier (Brintesia circe)

Der Weiße Waldportier (Brintesia circe) war in Bayern bis Anfang der 2010er Jahre auf die Kerngebiete der südlichen (Gailachtal, Wellheimer Trockental, Usseltal, Unteres Altmühltal) und mittleren Frankenalb (Truppenübungsplatz Hohenfels, Täler von Lauterach, Naab, Schwarzer Laaber und im Regensburger Jura) beschränkt, wo eine deutliche Zunahme der Individuendichten auf großflächigen Magerrasen zu verzeichnen ist. Da die Tiere sehr flugaktiv sind, können sie von dort aus auch benachbarte Flächen besiedeln. Vor allem in den letzten 10 Jahren breitet sich die Art aus. Entlang der Lauterach konnte inzwischen die nördliche Frankenalb bis Edelsfeld erreicht werden. Weitere Ausbreitungen sind entlang der Naab bis ins Oberpfälzer Hügelland zu beobachten. Nach einem Einzelfund 2015 von Böck wohl nun auch in Heidenheim am Hahnenkamm bodenständig (Ohr). An der Donau Einzelfunde von Lechsend bis Donaustauf, nördlich davon mehrere Nachweise im Falkensteiner Vorwald und entlang des Regen. Dort Einzelfunde bis in den Vorderen Oberpfälzer Wald. Neuerdings auch Sichtungen aus dem Hinteren Oberpfälzer und Bayerischen Wald. Weitere Beobachtungen im Passauer Abteiland und im Neuburger Wald. Einzelfund aus dem Dürnbucher Forst von 2023 durch Hirmer (Böck 2024a).

Abbildung 4: Aktuelle Verbreitung von Brintesia circe in der Fränkischen Alb und Ostbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Zweibrütiger Dickkopffalter ( Pyrgus armoricanus)

Ausbreitung vor allem in Nordwestbayern, nördlich bis in die Lange Rhön (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1167355), südlich bis Heidenheim am Hahnenkamm (eigene Beobachtung), westlich bis Alzenau (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=265532) und östlich bis Goldkronach (Bittermann). In Südbayern Ausbreitung von München isarabwärts bis zum Hochwasserdamm bei Gaden (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=971302). Einzelfund auf der Lechstaustufe 21 bei Augsburg (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=908268). Nachweise aus den Alpen von der Pötschalm und bei Niederaudorf (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1091276; https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1096827). Der Höchstfund auf der Pötschalm liegt auf über 850 Metern und somit ungefähr 150 Meter höher wie der Fundort bei Brannenburg (Bräü et al. 2013).

Abbildung 5: Aktuelle Verbreitung von Pyrgus armoricanus in Nordwestbayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Karstweißling (Pieris mannii)

Pieris mannii hat Bayern im Sturm erobert. Nachdem die Art zuerst 2008 in Baden-Württemberg auftrat gelangen die ersten Funde in Bayern 2010 in Oberelchingen und Lindau am Bodensee (Kratochwil 2011 und Hensle 2024). Derzeit ist die Art in vielen Naturräumen vertreten, auf den ersten Blick vornehmlich mit Konzentrationen in den Ballungszentren wie München und Nürnberg-Fürth-Erlangen. Die vielen Nachweise aus der Mittleren und Südlichen Frankenalb durch Thomas Netter zeigen aber auch das die Art mittlerweile auch in den Siedlungsgebieten des ruralen Raums weiter verbreitet ist. Das aktuelle Bild von Schmetterlinge in Bayern zeigt leider deshalb auch nicht das aktuelle Bild der Gesamtverbreitung, sondern nur die Beobachtungsdichte durch die einzelnen Beobachter in den jeweiligen Regionen. Funde bis in die subalpine Zone, im Rotwandgebiet 2023 auf 1757 m beobachtet (Netter).

Abbildung 6: Aktuelle Verbreitung von Pieris mannii in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Malven-Dickkopffalter (Carcharodus alceae)

Carcharodus alceae hat seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 ebenfalls eine bedeutende Expansion erlebt, wobei das frühere Zentrum der Verbreitung Mittlere und Südliche Frankenalb leichte Rückgänge zu verzeichnen sind. Starke Konzentration von Nachweisen um die Ballungszentren München (isarabwärts bis wahrscheinlich zur Isarmündung), Augsburg sowie rund um Kempten. Die Karte zeigt wahrscheinlich auch nur einen Teil der aktuellen Nachweise, da es in vielen Regionen kaum Melder gibt. Ein Raupennachweis von Stadelmann auf fast 1000 Metern im Hinteren Bregenzer Wald.

Abbildung 7: Aktuelle Verbreitung Carcharodus alceae in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Kurzschwänziger Bläuling (Cupido argiades)

Bei Cupido argiades erfolgte die Einwanderung über Nordwestbayern, die Art hat derzeit folgende Verbreitungszentren: Mittlere und Nördliche Frankenalb, München isarabwärts bis zur Donau und von dort bis zur österreichischen Grenze bei Jochenstein und die Großräume Nürnberg und Augsburg. Weitere Verbreitung auf den Mainfränkischen Platten und im Raum Aschaffenburg. Teilweise sind aber auch wieder Individuenrückgänge wie in der Südlichen Frankenalb zu verzeichnen. Es werden eindeutig niedrige Lagen und wärmebegünstigte Gebiete bevorzugt. Aus Gebieten im Allgäu sind Funde aus über 700 m bekannt.

Abbildung 8: Aktuelle Verbreitung von Cupido argiades in Bayern. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Besondere Nachweise von RL-Arten und Wanderfaltern:

Segelfalter (Iphiclides podalirius)

Iphiclides podalirius kommt in Mainfranken z. T. in hohen Individuendichten auf Kalkmagerrasen entlang des Mains und der Fränkischen Saale von Kleinochsenfurt inzwischen bis Münnerstadt regelmäßig vor und strahlt neuerdings auch in den Sandsteinspessart und das Grabfeld aus. In der Mittleren Frankenalb z. T. gute Individuendichten auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels und entlang der Lauterach und Naab z. B. bei Kallmünz. Aktuell (2024) bedeutende Funde im Raum Hammelburg und bei Kallmünz. In Südbayern liegen Nachweise aus den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen vor. Dort in den letzten Jahren immer wieder Funde wie am Thumsee oder entlang der Saalach von Melleck bis in den Raum Bad Reichenhall. Die Hauptvorkommen dürften im Saalachtal auf österreichischer Seite liegen (z. B. Leoganger Steinberge) und von dort nach Bayern ausstrahlen (Böck 2024b). Einzelfund 2019 aus der Cham-Further-Senke weit abseits des Vebreitungsgebietes. Windverdriftung oder da an einer Bahnlinie gelegen auch Verschleppung, sowie eine Ansalbung sind hier wahrscheinlich. Als weitere Option ist ein Zuflug über das Regental denkbar, da die Art als äußerst flugstark gilt.

Parnassius sacerdos (Alpen-Apollofalter)

Neunachweis am 14.8.2005 von Deykowski aus den Ammergauer Alpen aus dem Kollebachtal unterhalb des Niederen Straußbergs (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=193844). Ob die Art dort zeitweise bodenständig oder ob es ein zugeflogenes Exemplar aus den Lechtaler Alpen war, kann durch fehlende weitere Nachsuchen nicht eruiert werden. Diese Stelle sollte nochmals nachkontrolliert werden. der überraschende Neunachweis von Polyommatus damon für die Allgäuer Hochalpen (Stadelmann & Böck 2024) zeigt auf, das Teile der Bayerischen Alpen immer noch nicht zu 100% durchforscht sind. Zudem entspricht der Fundort dem bekannten Habitatschema, einem kleinen Bachlauf zwischen 1500 und 1750 m Höhe mit der Raupenfutterpflanze Saxifraga aizoides zudem war das Männchen frisch.

Abbildung 9: Nachweis von Parnassius sacerdos aus den Ammergauer Alpen (Kollebachtal). 14.7.2005 (Foto: Bernhard Deykowski)

Eschen-Scheckenfalter (Euphydryas maturna)

Neunachweise für Südbayern aus dem Tal der Bischofswiesener Ache zwischen Bischofswiesen bis Eisenrichter auf Kahlschlägen und lichten eschenreichen Waldbereichen mit Übergängen zu Streuwiesen, dort auch Gespinstnachweise. Neuer Altnachweis: 14.6.1984. Sammlungsbelege (1 Pärchen) von Thomas Raute erworben. Von drei regionalen Sammlern bestätigt. Donau-Isar-Hügelland, Silberbrünnl südöstlich Hollenbach (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=854493). Das Silberbrünnl ist ein Quellmoorgebiet das jährlich vom Landschaftspflegeverband Aichach-Freidberg gepflegt wird (https://www.lpv-aichach-friedberg.de/139-landschaftspflege-im-silberbruennel.html). Lichte Waldbereiche grenzen an.

Brauner Eichenzipfelfalter (Satyrium ilicis)

Neunachweise für Südbayern aus der Mühldorfer Haardt durch Elisabeth Naurath (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1081089) und vom Fuchsberg östlich von Aichach durch Philipp Eckardt (https://www.schmetterlingebayern.de/beobachtung?id=1045845) für 2024. Ansonsten in Südbayern nur noch aktuelle Funde nach 2020 aus den lichten Eichen-Kiefernwäldern des Münchener Nordens (Berglwald, Schweizer Holz und Hartlholz).

Erosbläuling (Polyommatus eros)

Neunachweise für die Nagelfluhkette vom Siplinger Kopf (von Michael Münz dort 2020 neuentdeckt und von Dumke 2021 bestätigt) und dem Rindalphorn (Böck 2023). Dort werden sporadisch beweidete Tälchen, die von Felsen, Schutt- und Hochstaudenfluren durchsetzt sind besiedelt.

Abbildung 10: Polyommatus eros am Siplinger Kopf in der Nagelfluhkette. 7.8.2021, Foto: Markus Dumke

Fetthennenbläuling (Scolitantides orion)

Viele Neunachweise aus dem Frankenwald seit dem Erstfund durch Gudrun Müller von 2022 (https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=844214), dort relativ weit verbreitet aber meist in geringer Stückzahl z.B. in Diabas-Steinbrüchen, in der Umgebung von Felsen oder felsigen Wegböschungen mit Raupenfutterpflanzenbewuchs (mdl. Mitt. Dolek). In der Mittleren und Südlichen Frankenalb stark im Rückgang begriffen und nur noch an zwei Stellen gefunden. Altnachweis: Kallmünz Schloßberg bis Ende der 1970er Jahre durch P. Schaider beobachtet (Kudrna & Meyer 1990).

Kleiner Wanderbläuling (Leptotes pirithous)

Funde von Dumke und Harzheim in der Unteren Isarau östlich von Dietersheim, sowie von Stadelmann südöstlich von Grünschwaige bei Oberding von 2021.

Abbildung 11: Nachweisort von Leptotes pirithous bei Oberding. 14.8. 2021, Foto: Herbert Stadelmann

Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Phengaris alcon rebeli)

Mehrere Neunachweise im Großraum München. Die Art konnte insgesamt an neun Fundorten nachgewiesen werden 2021 an sechs Stellen und 2022 an acht Stellen mit Wuchs des Kreuenzians (Gentiana cruciata) (Morawietz et a.. 2023). In dem Artikel werden verschiedene Theorien über die Herkunft der Populationen wie zum Beispiel Windverdriftung, Ansalbung, Belegung von Kreuenzianbeständen durch die Feuchtgebietsvariante (Phengaris alcon alcon) oder der Weitertranspot von Pflanzenteilen oder Eiern durch Menschen oder Tiere diskutiert (nächste Population 40-50 Kilometer entfernt), ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen.

Großer Eisvogel (Limenitis populi)

Limenitis populi scheint im Alpenraum deutlich weiter verbreitet zu sein, wie bis dato angenommen, Stabile Vorkommen zwischen Füssen und Murnau im Ammergebirge und im angrenzenden Ammer-Loisach-Hügelland. Daneben noch eine Verbreitungskonzentration in den Allgäuer Alpen und Nagelfluhkette mit Tälern, sowie im Raum Bad Reichenhall. Fortpflanzung an Espen (Populus tremula) entlang von Bächen auf Viehweiden oder entlang von Waldwegen. Aktuelle Nachweise lassen dort noch eine weitere Verbreitung vermuten (Böck 2024c).

Abbildung 12: Aktuelle Verbreitung von Limenitis populi in den Bayerischen Alpen. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Trauermantel (Nymphalis antiopa)

Nymphalis antiopa zeigt eine weitere Verbreitung in den Bayerischen Alpen. Seit der Veröffentlichung von Bräu et al. 2013 gab es sehr viele Neunachweise vor allem in den Allgäuer Alpen und der Nagelfluhkette. Regelmäßige Nachweise in den gesamten Bayerischen Alpen, im Frühling oft häufig entlang breiter Waldwege die meist entlang von Gebirgsbächen verlaufen.

Gelbringfalter (Lopinga achine)

Die Lichtwaldart hat zahlreiche Neunachweise in den Bayerischen Alpen (Chiemgauer Alpen) und Teilen des Allgäus (Iller-Lech-Schotterplatten, Vilser Gebirge und Lech Vorberge). Verantwortlich dafür dürften im Allgäu u.a. Windwürfe und Käferkalamitäten sein. Flächen gehen bei fehlender Pflege schnell wieder verloren. Überraschender Neufund im Stuhlholz südöstlich von Sulzemoos 2023 durch Philipp Eckard : https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=981713 und Wiederfund im Donauried 2021 (Wolf).

Rostbinde Hipparchia (semele)

Hipparchia semele kommt heute nur noch in Mainfranken und in der Gegend um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr vor. Die Nachweise im Landkreis Rhön-Grabfeld (Dünsberg, Gegend um Ostheim, NSG Unsleben) sind auf weitere Einzelwanderungen einzelner Imagines aus Thüringen zurückzuführen (dort noch stabile Populationen Eigenbeobachtung Autor). In der Südlichen Frankenalb seit 2015 kein Nachweis und von der Fröttmaninger Heide nördlich München seit 2010 (Böck 2024d). Rund um den Truppenübungsplatz Grafenwöhr der Hauptpopulation gibt es immer wieder Sichtungen einzelner Falter oft in weiterer Entfernung. Die beiden weitesten Wanderungen konnten westlich des Truppenübungsplatzes mit 7 Kilometern Entfernung am Rabenfels nordöstlich Krottensee und mit 13 Kilometern am Tannberg südwestlich von Plech beobachtet werden. Wie Beobachtungen schon im Landkreis Rhön-Grabfeld zeigen wandern einzelne Tiere von größeren Populationen ab und können oft weit davon entfernt beobachtet werden. Die Art gilt als klassischer Binnenwanderer (vgl. u.a. Hensle & Seizmeier 2024). Das dies auch noch über weitere Enfernung geschehen kann zeigt die Arbeit von De Ro et al. 2021. Hierbei konnten für Belgien mit Hilfe von Mikrosatelliten-Markern Wanderungen einzelner Falter von zwischen 13 und 69 Kilometern festgestellt werden, In einem Extremfall fand eine Wanderung von einer Küsten- zu einer Festlandpopulation von 142 Kilometern statt. Von 599 markierten Exemplaren konnte bei 1,2 % der Tiere (n=7) eine weitere Wanderung festgestellt werden. Nachweise von 1991 bis 1995 auf dem Gut Großlappen, auf der Freimanner Brenne, am Müllberg Fröttmaning und im Mallertshofer Holz, zeigten das Dispersionsverhalten dieser Art im Großraum München. Im Nordteil der Fröttmaninger Heide zuletzt 2001 (Eigenbeobachtung Böck).

Abbildung 13: Aktuelle Verbreitung von Hipparchia semele im Raum Grafenwöhr. Schwarze Kreise: Nachweise ab 2011. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Besondere andere Letztnachweise

Roter Apollo (Parnassius apollo):

Diskussionswürdige besondere Altnachweise fernab des Verbreitungsgebietes: Mauern bei Neustadt an der Donau, Belegexemplare: 2 Männchen 1948 (Freude H.). Eventuell Verwechslung mit Mauern im Wellheimer Trockental. Spalt Seminarwald, 1948 (Müller 1969), der genaue Fundort ist unklar und Straubing Bogenberg (dort laut Sturm in Wagner 2016 um 1909 erloschen). Der damals wald- und gebüschfreie Bogenberg dürfte wahrscheinlich der südöstlichste Fundpunkt der Verbreitung entlang der Donau gewesen sein. Ob es sich um eine Verdriftung handelt oder eine eigenständige Population vorkam ist im Nachhinein nicht mehr nachweisbar. Das nächste uns bekannte Vorkommen existierte in circa 40 km Entfernung am Burgberg bei Donaustauf bis 1969 (Müller 1976).

Berghexe (Chazara briseis):

Viele Nachweise durch Batz und Pinsker im Oberpfälzer Jura, im Riedenburger Schambachtal (am Kreutberg bei Altmannstein zuletzt 1973 durch Hirmer) und im Unteren Altmühltal in den 1950er Jahren. Das Feldbuch ging leider nach der Auswertung für Parnassius apollo und Chazara briseis für die Diplomarbeit verloren, die Sammlung schon 1963 bei einem Umzug. Nachweise aus den Mönchrödener Kalksteinbrüchen bis 1965 (schriftl. Mitt. Gick). Nachweise aus 1972 von Eichhofen und 1979 aus der Nähe von Undorf durch Sauer. Erfasser Schmalzbauer. Einige Nachweise aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld von 1993 (Dünsberg bei Oberelsbach) über Ende der 1990er Jahre (Kleiner Lindenberg bei Ostheim vor der Rhön in 7 Exemplaren und im NSG Unsleben) bis aktuell 2020 und 2023 (Weyhershauk bei Ostheim vor der Rhön), zeigen das sich immer wieder Satellitenpopulationen auf Bayerischer Seite ausgehend von Expansionen auf Thüringer Seite (Hauptpopulationen auf der Hohen Geba) bilden und dort wie am Kleinen Lindenberg in den 1980er und 1990er Jahren immer wieder längerjährige Bestände bilden können (schriftl. Mitteilung Krämer).

Regensburger Gelbling (Colias myrmidone):

Die in Deutschland zuletzt (2000) am Hutberg bei Fischbach (Umgebung Kallmünz) beobachtete Art, hatte neben den in Bräu et al. 2013 genannten Fundorten noch zahlreiche andere Nachweise, die hier teilweise mit Letztnachweis aufgeführt werden. Die meisten wurden anscheinend bei der Literaturrecherche ( so z. B. die Arbeit von Gauckler 1963) für das Atlaswerk vergessen. Riedenburg (Fritz Müller 1910, Erfasser Schmalzbauer aus bayerischer Staatssammlung); Morsbach und Wachenzeller Tal, Krämer (1911), Schwandorf, (Knörzer 1918); Lengenfeld, Mittlere Frankenalb, (Belegexemplar) 1933 bayerische Staatssammlung, Erfasser Schmalzbauer), Bis 1963 im Irlbachtal und bei Regenstauf (Sammlung Teichmann und Sammler, Erfasser Schmalzbauer), Oberhinkofen bis 1963 regelmäßig und Einzelfund 1966 (Segerer et al. 1987 und Weidemann 1989). Seeberg bei Premberg 1991 (Flauger jun. mdl. Mitt.).

Abbildung 14: Aktualisierte ehemalige Verbreitung von Colias myrmidone in der Mittleren und Südlichen Frankenalb mit angrenzenden Regionen. Kreise: Nachweise in Datenbank ABE. Rechtecke Nachweise in Bräu et al. 2013.

Der Dank gilt den vielen Meldern bei https://www.tagfalterbayern.de/ ohne deren Meldungen viele der Neufunde niemals bekannt geworden wären, sowie den fleißigen Mitkoordinatoren von Schmetterlinge in Bayern. Ein extra Dank an Michael Bäumler für die Zurverfügungstellung des Fotos von Lycaena helle. Meldungen an unsere Portale sind weiterhin gerne erwünscht: https://www.schmetterlingebayern.de/.

Literatur:

Bräu, M., Bolz , R., Kolbeck, H., Nunner, A., Voith, J. & W. Wolf (2013): Tagfalter in Bayern. – Stutt-
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Bräu, M. & Schwibinger, M. (2001): Die Tagfalterfauna des Naturraumes Münchener Ebene gestern und heute (Lepidoptera, Rhopalocera), In: Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen 50 (4). 152-176

De Ro, A., Vanden Broeck, A., Verschaeve, L., Jacobs, I., T’Jollyn, F., VanDyck, H. & Maes, D. (2021): Occasional long-distance dispersal may not prevent inbreeding in a threatened butterfly. BMC Ecol Evo 21, 224. https://doi.org/10.1186/s12862-021-01953-z

Dumke, M. (2022): Neue Nachweise des Großen Feuerfalters Lycaena dispar ([Haworth], 1802) in Südostbayern. In: Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 21: 117–128. Faunistische Notizen (37–43)

Freyer, C. F. (1860): Die Falter um Augsburg. Ber. Naturhist. Ver. Augsburg 13: 19 – 86

Gauckler, K. (1962): Regensburger Sandbiene, Regensburger Heufalter und Regensburger Geißklee in ihrem süddeutschen Lebensraum – Hoppea – Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft – 1962 Band 25

Gros, P. & Gfrerer V. (2023): Lycaena dispar (Haworth, 1802), der Große Feuerfalter, eine für Salzburg neue Tagfalterart der FFH-Richtlinie (Lepidoptera: Lycaenidae) • Mitt. Haus der Natur 28: 25 – 30

Hensle, J. & Seizmair, M. (2024): Papilionidae, Pieridae, Nymphalidae, Lycaenidae und Hesperiidae 2023 (Lepidoptera, Papilionoidea) – Atalanta – 55_1-2: 3 – 76.

Käser, O. (1955): Die Großschmetterlinge des Stadtkreises Augsburg und seiner Umgebung. Ber. Naturf. Ges. Augsburg 6 : 7 – 5

Knörzer, A. (1918) Beiträge zur Kenntnis der mittelfränkischen Leipdopterenfauna. Wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht der Rralschule Eichstätt 1918.

Kraemer, M. (1911): Beiträge zur Lepidopterenfauna von Mittelfranken. – Entomologische Rundschau – 28: 73 – 74.

Kratochwil, M. (2011): Der Karstweißling Pieris mannii (Mayer, 1851) – Neu in Bayern und Vorarlberg (Insecta: Lepidoptera: Pieridae).Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 11: 9–14.

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Der Große Esparsetten-Bläuling (Polyommatus damon) und die Berg-Esparsette (Onobrychis montana) in den Allgäuer Hochalpen. Interessante Neufunde einer vom Aussterben bedrohten Art am Arealnordrand ihrer Futterpflanze in den Alpen.

Abb. 1: Weibchen von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Abb. 2: Männchen von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Traufbachtal, 6.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Zusammenfassung: Meldeportale wie https://www.inaturalist.org/, https://observation.org/, https://naturgucker.de und auch das Lepiforum (https://lepiforum.org/) bieten vielen Naturbegeisterten und Naturfotografen die Möglichkeit ihre Funde von Experten an Hand von Fotos bestimmen zu lassen, hierbei ergeben sich immer wieder sensationelle Neu- oder Wiederfunde wie aus verschiedenen Publikationen zur Kleinschmetterlingsfauna in Bayern nachgewiesen werden konnte (vgl. z.B. Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern 2024). Bei den gut untersuchten Tagfaltern sind solche Funde natürlich seltener, aber wie in diesem Fall kann auch eine bayern- und bundesweit vom Aussterben bedrohte Art in einem neuen Naturraum nachgewiesen werden. Der Große Esparsetten-Bläuling (Polyommatus damon) ist in Mittel- und Osteuropa sehr stark im Rückgang begriffen und droht nun auch in Tschechien auszusterben. Der Letztnachweis erfolgte dort 2019 (Skala et al. 2023). Als ausgestorben gilt die Art in der Slowakei, Polen, Rumänien und Ungarn. In Österreich nur noch Metapopulationen in den Tiroler Alpen und Einzelnachweise aus dem Burgenland und Niederösterreich. In Oberösterreich vermutlich ausgestorben (Groß & Hauser 2014). In Deutschland auf Thüringen Truppenübungsplatz Ohrdruf und Umgebung https://www.tagfalter-thueringen.de/beobachtungen) und Thüringische Rhön (Wiederfund durch Einachweise nach 6 Jahren. mdl, Mitt. Vogel), Baden-Württemberg (Mittlere Schwäbische Alb und Ostalb, vielerorts bedeutende Bestandsrückgänge zu verzeichnen) und Bayern beschränkt, dort nur noch im Grabfeld, der Vorrhön und in niedriger Populationsdichte in der Fränkischen Alb. Näheres dazu in der Veröffentlichung von Oliver Böck: https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/02/29/gefaehrdungslage-der-streifenblaeulings-polyommatus-damon-in-bayern/, Böck (2022) sowie Sucháčková Bartoňová et al. (2021). Umso erfreulicher war der Neufund dieser Art in den Allgäuer Hochalpen. Einem Hinweis auf die Art gab eine Meldung auf inaturalist.org.. Der Hauptautor wurde bei einer Nachsuche an zwei Stellen fündig. Insgesamt 3 Männchen und 3 Weibchen konnten dabei festgestellt werden. In diesem Artikel wird auf die aktuelle Verbreitung der Art sowie ihrer Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette (Onobrychis montana) eingegangen, deren Verbreitung in den Nördlichen Kalkalpen ebenfalls besser durch die Meldeportale und Literaturrecherche eruiert werden konnte.

Abstract: Biological portals such as https://www.inaturalist.org/, https://observation.org/, https://naturgucker.de and also the Lepiforum (https://lepiforum.org/) offer many nature enthusiasts and nature photographers the opportunity to have their findings identified by experts, resulting in sensational new discoveries or re-discoveries, as can be seen from various publications on the moth fauna in Bavaria (see e.g. Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern 2024). Such findings are of course rarer among the well-studied butterflies, but as in this case, a species threatened with extinction in Bavaria and nationwide can also be found in a new natural area. The damon blue (Polyommatus damon) is in steep decline in Central and Eastern Europe and is now also at high risk of extinction in the Czech Republic. The last record there was in 2019 (Skala et al. 2023). The species is considered extinct in Slovakia, Poland, Romania and Hungary. In Austria only metapopulations in the Tyrolean Alps and single records from Burgenland and Lower Austria. In Upper Austria probably exstinct (Groß & Hauser 2014). In Germany in Thuringia (Ohrdruf military training area and surroundings https://www.tagfalter-thueringen.de/beobachtungen) and Thuringian Rhön (rediscovery after 6 years, pers. comm. Vogel), Baden-Württemberg (Middle Swabian Alb and Eastern Alb where significant population declines have been recorded in many places) and Bavaria, there only in the Grabfeld, the Vorrhön and in low population density in the southern Franconian Alb. For more details, see the publication by Oliver Böck: https://blog.schmetterlingebayern.de/2024/02/29/gefaehrdungslage-der-streifenblaeulings-polyommatus-damon-in-bayern/, Böck (2022) and Sucháčková Bartoňová et al. (2021). The new discovery of this species in the Allgäu Alps was all the more suprising. A report on inaturalist.org gave a hint about the species, the main author found it in two places during a search. A total of 3 males and 3 females were found. This article deals with the current distribution of the species and its caterpillar food plant, the mountain asparagus (Onobrychis montana), whose distribution in the Northern Limestone Alps could also be better determined through the reporting portals and literature research.

Am 31.07.2023 wurde auf INaturalist eine Meldung im Sperrbachtobel (Allgäuer Hochalpen) von Polyommatus damon (Großer Esparsetten-Bläuling) veröffentlicht. Der Zufallsfund eines Fotografen wurde von den Projektkoordinatoren von Tagfalter in Bayern zufällig entdeckt. Der nächste bekannte Fund (von 1995) der Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette Onobrychis montana (sehr selten in Bayern, nur in den Allgäuer Hochalpen und am Aggenstein gemeldet und RL 2 Art) befindet sich laut https://www.floraweb.de/shiny/florakarte/?taxonid=3911 nicht weit entfernt in circa 1,7 Kilometer Entfernung am Spätengundkopf. Die Beobachtung könnte ein dispergierendes Männchen gewesen sein.

https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=989918 /

https://www.inaturalist.org/observations/177953463

Durch Thorben Krauskopf wurde dem Hauptautor Herbert Stadelmann im Oktober 2024 mitgeteilt, dass ein Video auf YouTube, aufgenommen 2021 im Traufbachtal ein Männchen von Polyommatus damon zeigt, somit gilt nun dieser als erster Fund der Art im Allgäu:

https://www.tagfalterbayern.de/beobachtung?id=1102213

Die nächsten Beobachtungen von Polyommatus damon stammen aus Tirol in gut 25 Kilometer Entfernung zu den aktuellen bayerischen Nachweisen. Dort im Rosannatal bei Pettneu gefunden, im Inntal relativ weit verbreitet unter anderem bei Landeck, Fließ, Kauns, Serfaus, Fiss, Birkach, Nauders (Pagitz, K. & Huemer, P. (2021), observation.org., Zweitautor Oliver Böck). Desweiteren wird Polyommatus damon in den Hochlagen (entlang des Inns) auch in der Schweiz bis Sankt Moritz (https://lepus.infofauna.ch/carto/31081) gefunden. In Vorarlberg gab es vor 1980 Sichtungen in insgesamt fünf Raumeinheiten, seitdem erfolgte kein Nachweis mehr, sie gilt laut aktueller Roter Liste als ausgestorben (Huemer et al. 2022). Im Bundesland Salzburg kam Polyommatus damon bis 1957 vor (Gros 2023). So ist der Tagfalter auch außerhalb der Allgäuer Alpen in den bayerischen Nördlichen Kalkalpen nicht zu erwarten. Ob die Art bei vorherigen Kartierungen übersehen wurde, oder ob sie bedingt durch den Klimawandel erst in den letzten Jahren zugewandert ist bleibt offen. Gegen eine Zuwanderung spricht, das die Raupenfutterpflanze Onobrychis montana dort zumindest an einigen Stellen in der Alpenbiotopkartierung als häufig genannt wird, der späte Flugzeitbeginn und das äußerst steile Terrain, welches nur schwer begehbar ist. Zudem zeigen die beiden Zufallsbeobachtungen, dass die Art dispergiert. Die Männchen können Mineralien und Flüssiglkeit aufnehmend auf Kiesflächen und auf breiteren nicht asphaltierten Wegstellen entlang der Gebirgsflüsse beobachtet werden.

Vorkommen von Onobrychis montana auch im hintersten Hornbachtal (Tirol) an mehreren Stellen und ebenfalls auf Kiesen des Hornbachs (Dörr 1983). Hiermit erklärt sich auch das benachbarte Vorkommen (3-5 Kilometer entfernt) im Traufbachtal. Weitere Funde aus Tirol von Onobrychis montana von mageren Mähwiesen, Rinderweiden und Schafweiden im Inntal bei Nauders, Serfaus und von einer großflächigen Rinderweide bei Fiss (https://observation.org/observation/321305262/, https://observation.org/observation/275745279/, Zweitautor). Dort sicherlich weiter verbreitet. Sie wird in der neuen Roten Liste Nord- und Osttirols als gefährdet (vulnerable) geführt. und kommt zerstreut in 11–35 Quadranten vor, ein starker Rückgang von rund 25-50 Prozent des Verbreitungsgebietes und/ oder die Populationen sind zu verzeichnen. Eine künftige (weitere) Abnahme um 10–25 % ist wahrscheinlich (Pagnitz et al. 2023). Im Pflegeplan für die Fließer Sonnenhänge wurde nur die Futteresparsette Onobrychis viciifolia genannt (Falkeis et al.2016), die in den Allgäuer Hochalpen nicht heimisch ist. Funde der Futteresparsette (wahrscheinlich angesalbt) im Allgäu entlang der Bahnstrecke bei Oberstdorf und Fischen, sowie bei Vorderhindelang laut Dörr 1983. Bei Bamberger et al. 2022 wird Onobrychis arenaria die Sand-Esparsette für diesen Fundort (Fließ) aufgeführt. Sie ist in Bayern nur in der Riesalb, Mainfranken und im südlichen Steigerwald weiter verbreitet daneben meist nur Einzelnachweise aus der Südlichen Frankenalb und dem Taubertal (https://daten.bayernflora.de/de/info_pflanzen.php?taxnr=3907&suchtext=Onobrychis%20arenaria&g=&de=#name=3907,yearGrouping=1,map=7.5/49.696/10.748).

Die Raupenfutterpflanze Onobrychis montana kommt in Vorarlberg noch zertreut und selten vor, so zum Beispiel bei Brand (Amann 2016, https://observation.org/observation/318231053/).

Herbert Stadelmann fand zusammen mit Felix Steinmeyer bei einer Nachsuche 2024 an Plätzen mit Nachweisen der Raupenfutterpflanze Berg-Esparsette insgesamt sechs Individuen der Art in zwei Gebieten, im Traufbachtal und an der Höfatswanne (Abbildungen 1 und 2). Dies sind die nördlichsten Funde in den gesamten Alpen. Der Zweitautor beschäftigte sich in dieser Arbeit mit der aktuellen Verbreitungsituation von Polyommatus damon und Onobrychis montana in den Nördlichen Kalkalpen und der Literatursichtung. Eigene Beobachtungen aus Tirol (Inntal zwischen Landeck und Nauders) aus den 1990er und 2010er Jahren floßen dabei mit ein. Dieser spektakuläre Fund zeugt davon, das selbst bei den Tagfaltern durch wissenschaftliche Nachsuchen noch bedeutende Neufunde in den Bayerischen Alpen getätigt werden können. Anbei das Manuskript von Herbert Stadelmann zum nachlesen.

Eine Nachsuche in einem benachbarten Tal (Fundort in 2,5 Kilometern Entfernung) durch den Hauptautoren und Felix Steinmeyer hatte Erfolg. Hier gibt es laut Dörr & Lippert 2001 ein isolierten kleinen Fundort von Onobrychis montana (Berg Esparsette) auf einer Kiesbank auf 1160m im Traufbachtal, laut Dörr 1983 unterhalb des Bettlerrückens gefunden. Es konnten zwei frisch geschlüpfte Männchen von Polyommatus damon (mit Aricia spec. [artaxerxes] und Cupido minimus) beobachtet werden die an einer Pfütze saugten (Abbildung 3). 

Bei einer Nachsuche durch Markus Dumke und dem Zweitautoren am 15.8.2024 konnten lediglich die teilweise intensiv beweideten Hänge als Habitat ausgeschlossen werden. Wie in der Alpenbiotopkatierung von Michael Wecker genannt, sind die südseitigen Hänge am Trogschluss des Traufbachtals und vereinzelt Kiesbänke desselben mit der Futterpflanze bestanden. Die Habitate scheinen aber meist unbeweidete Urrasen an extrem steilen und felsdurchsetzten Stellen zu sein, teilweise mit Hangrutschungen oder alpine Kalkrasen mit Rostseggenrasen und Blaugrashalden, die nicht beweidet und sporadisch wahrscheinlich von Gemsen abgegrast werden. Auf einer kleinen Nachsuche entlang von zwei Kiesbänken konnte Onobrychis montana leider nicht festgestellt werden. Die beschriebenen Hänge waren leider zeitlich nicht zu erreichen (Abbildung 4).

Abb. 3: Nachweis von 2 Männchen von Polyommatus damon an Mineralien saugend. Allgäuer Hochalpen, 1160m, Traufbachtal, 6.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Abb. 4: Fundort der Berg-Esparsette (Onobrychis montana) in Alpenbiotopkartierung am Zusammenfluss der Bäche der Wasserfälle. Kein eigener Nachweis, bei zeitlich sehr begrenzter Suche. Allgäuer Hochalpen, Traufbachtobel, 1400m, 15.8.2024 (Foto: Oliver Böck)

Sonst ist Onobrychis montana nur an wenigen Stellen, um die Höfats bekannt, was sehr steiles Gelände bedeutet. Für trittsichere und schwindelfreie Bergsteiger gibt es einen Weg zur Bivakschachtel über die Höfatswanne (Höfats SW Flanke). Dort hat Herbert Stadelmann am 29.7.2013 Onobrychis montana (ohne Falter) flächig gesehen (Abbilungen 5 und 6). Beschrieben wird dies auch bei Dörr & Lippert (2001).

Abb. 5: Berg-Esparsette (Onobrychis montana), Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 29.7.2013 (Foto: Herbert Stadelmann)

Abb. 6: Fundort der Berg-Esparsette (Onobrychis montana), Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 29.7.2013 (Foto: Herbert Stadelmann)

Am 13.8.24 waren der Hauptautor und Felix Steinmeyer Gebietsbetreuer Allgäuer Hochalpen vom LfV auf der Suche nach Polyommatus damon an der Höfatswanne (Höfats SW) im äußerst schwierigen Gelände erfolgreich! Auf ca. 1750 m waren ca. drei Weibchen mit Eiablage und ein Männchen. Aufgrund des z.T. unzugänglichen Geländes untersuchten wir nur ein kleines Teilgebiet von 1650 bis 1750 m mit ca. 270 qm. Es bestand aus alpinen Rasen (Blaugras-Horstseggenrasen) durchsetzt mit Jura Kalkstein, plattig bis dünnbankig z. T. mit Hornsteine > „Malm-Aptychenschichten“ (Abbildung 7).

Abb. 7: Habitat von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 1750m, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Die Tiere flogen ab ca. 11 Uhr, da die Sonne ca. gegen 9:30 Uhr das Gebiet erreichte. Die Bergesparsette war großteils verblüht oder abgebissen (wohl von Gämsen). Die Eiablage war in der Nähe vegetationsarmer Bodenplatten. Es wurden zwei Eier gefunden. Auch waren hier schwarze Ameisen (unbestimmt) sichtbar. Die Eiablage erfolgte nicht an der Verzweigung der Tragblattachseln, sondern einmal in der Vegetationsmatrix an Onobrychis montana, aber auch auf dem Blatt einer anderen unbestimmten Pflanze (Abbildung 8).  

Abb. 8: Ei von Polyommatus damon, Allgäuer Hochalpen, Höfatswanne, 1750m, 13.8.2024 (Foto: Herbert Stadelmann)

Da nur ein kleiner Ausschnitt (ca. 10% bis 20% der potentiellen Habitate) in der Höfatswanne die vegetationskundlich von Seslerion-Sippen mit Caricion ferrugineae-Elementen in der Alpenbiotopkartierung von Michael Wecker untersucht wurde, ist nun schwer abschätzbar wie groß der Lebensraum für Polyommatus damon ist. Es ist abhängig von der Verbreitung der Futterpflanze im Gebiet, wie auch der Höhenverbreitung von Polyommatus damon.

Es wäre nun spannend ob die Art auch an der Höfats Ost (Seilhenker, Oberes Loch, Rotes Loch, Im Platt) auch vorkommt. Hier ist auch die Futterpflanze Berg-Esparsette – Onobrychis montana (häufig im „Roten Loch“ und am Fuße der Kleinen Höfats > Alpenbiotopkartierung von Michael Wecker) vorhanden und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch die Art hier anzutreffen (Abbildung 9).

Abb. 9: Allgäuer Hochalpen, Geländeübersicht Höfats Ost mit Nachweisen von Onobrychis montana. 10.7.2016 (Foto: Herbert Stadelmann)

Das Gelände ist nicht ganz so gefährlich wie auf der andere Seite. Erreichbar über das Oytal und die Käser-Alpe. Als weitere Gebiet kämen die benachbarten Flächen an der Gieseler Wand und die steinigen Flächen zwischen den Höllhörnern und dem Mitteleck für eine Nachkontrolle in Frage.

Bitte sehr umsichtig im sehr steilen Gelände bewegen, da alpine Gefahren nicht zu unterschätzen sind (Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind unbedingte Vorraussetzung).

Desweiteren ist es interessant zu klären, ob Polyommatus damon benachbart zum Traufbachtal auch auf Tiroler Seite im Hornbachtal zu finden ist, auch dort ist die Raupenfutterpflanze nachgewiesen. Reproduziert sich Polyommatus damon auf beiden Seiten, handelt es sich um einen Verbund der Populationen von Onobrychis montana und wie ist die Verbreitungssituation der beiden Arten im Traufbachtal wären interessante Fragen für Folgeuntersuchungen. Außerdem sollte auch einmal am Aggenstein (wohl angesalbte Population von Onobrychis montana laut Dörr 1967 am Ostgipfel), am Linkerskopf im Bacherlochtal laut bayernflora.de (zuletzt 2002) und am Spätgundkopf (Nachweis von 1995, https://www.floraweb.de/shiny/florakarte/?taxonid=3911) nach Polyommatus damon nachkontrolliert werden. Ebenfalls im Stillachtal auf einer Mähwiese in der Nähe des Söllerecks (größere Bestände von Onobrychis spec.: https://observation.org/observation/319723144/) und unterhalb des Fellhorns (https://www.inaturalist.org/observations/245991874). Möglicherweise ist Onobrychis montana und mit ihr Polyommatus damon doch weiter verbreitet, aber das Reproduktionsareal ist sicherlich sehr klein. Naturfreunde und Fotografen sollten nach Polyommatus damon an feuchten Wegstellen entlang der Flussläufe oder benachbarter unasphaltierter Strassen der montanen bis alpinen Höhenstufe Ausschau halten. Meldungen zu dieser Art sind sehr gerne auf dem Portal der ABE Tagfalter in Bayern erwünscht. Die Genetik der Art in den Allgäuer Hochalpen sollte ebenfalls gebarcodet und mit Individuen aus dem Tiroler Inntal und den anderen bayerischen Populationen verglichen werden. Laut einer alten Arbeit von Schawerda (1924) gehören die Bestände von Polyommatus (Lycaena) damon Nordtirols und der Ostschweiz zu der Form ultramarinus, da angeblich die Männchen in einem anderen mehr ultramarinen Blau leuchten. Die Entwicklung eines Schutzkonzepts und eine gründliche Kartierung der Flächen nach Tag- und, Nachtfaltern sowie Kleinschmetterlingen wären weitere Optionen.

Weitere Infos zur Futterpflanze Berg-Esparsette – Onobrychis montana

https://daten.bayernflora.de/de/info_pflanzen.php?taxnr=3911&suchtext=montana&g=&de=

Verbreitung von Polyommatus damon (Großer Esparsetten-Bläuling) in Bayern

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Polyommatus%20damon

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Die Berghexe (Chazara briseis) in den Landkreisen Eichstätt und Neuburg-Schrobenhausen. Gefährdungsursachen, Aussterbeprozesse sowie Sofortmaßnahmen zur Erhaltung einer dort früher häufigen und weit verbreiteten Art.

Bild 1: Berghexe Männchen, Eichstätt, 21. Juli 2022 (Foto: Thomas Netter)

Bild 2: Berghexe Weibchen, Gailachtal, 19. August 2021 (Foto: Norbert Dippold)

Summary: Chazara briseis is the characteristic species of rocky, stony, rough-soil nutrient-poor grasslands with patchy swards, usually dominated by sheep’s fescue (Festuca ovina agg.). These were found in large numbers along the river valleys in both districts. In the district of Neuburg-Schrobenhausen, these were stony calcareous grasslands in the Ussel valley and along the Danube, there was also an populations on larger sites called Brennen (open, dry floodplain sites alongside rivers.They are formed when a river deposits gravelly debris) that were still grazed at that time intensively. Slopes along the Altmühl, Anlauter, Gailach, in the Morsbachtal, in the Riedenburger Schambachtal and in the Wellheimer Trockental in the district of Eichstätt were or are still currently colonised. There are also occurrences in the quarry areas above Eichstätt and in the Gailach valley. Bachmann (1912) and Knörzer (1918), who described the species as a characteristic animal of the Eichstätt region, can be cited to indicate the former abundance of the species. Gauckler (1960) also refers to the species in the Jurassic Rock Heaths. In this article, the extinction processes and population declines of the former and current populations are precisely reconstructed, the various causes of endangerment are explained and the current population situation is presented on the basis of literature references, the authors own observations and data from the Butterflies in Bavaria portal. Information on immediate measures to help the species is also provided.

Chazara briseis ist die Charakterart felsiger, steiniger, rohbodenreicher Magerrasen mit lückiger Grasnarbe, die meist von Schafschwingel (Festuca ovina agg.) dominiert wird. Diese fanden sich in den beiden Landkreisen in großer Anzahl entlang der Flusstäler. Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen waren das steinige Kalkmagerrasen im Usseltal und entlang der Donau auch auf größeren damals noch beweideten Brennenstandorten. Hänge entlang der Altmühl, Anlauter, Gailach, im Morsbachtal, im Riedenburger Schambachtal und im Wellheimer Trockental im Landkreis Eichstätt waren oder sind noch aktuell besiedelt. Daneben noch Vorkommen in den Steinbruchgebieten oberhalb Eichstätts und im Gailachtal. Um die frühere Häufigkeit der Art zu nennen können Bachmann (1912) und Knörzer (1918) zitiert werden, der die Art als Charaktertier der Eichstätter Gegend bezeichnete. Auch Gauckler (1960) bezieht sich auf die Art in den Jurafelsheiden. Im vorliegenden Beitrag werden anhand von Literaturangaben, eigenen Beobachtungen und Daten aus dem Portal Schmetterlinge in Bayern die Aussterbeprozesse und Bestandsrückgänge der ehemaligen und aktuellen Vorkommen genau rekonstruiert, die verschiedenen Gefährdungsursachen erläutert und die aktuelle Bestandssituation dargestellt. Zudem werden Angaben für sofortige Artenhilfsmaßnahmen erläutert.

Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen verschwanden die zuerst von Müller (1976) genannten Funde in der weiteren Umgebung von Neuburg an der Donau durch Aufgabe der Beweidung (Königsdorfer 1996). In Thöny (1995) wird auch eine Brenne an der Donau mit Nachweis von 1975 gemeldet, dort sicher auch durch Aufgabe der intensiveren Beweidung verschwunden. Im Wellheimer Trockental gab es bei Hütting noch eine Einzelbeobachtung 1996. Eventuell handelt es sich dabei um einen dispergierenden Falter von der damals noch auf 50 Exemplare geschätzten Population bei Trugenhofen (Königsdorfer 1997), da die Habitate damals schon zu kleinflächig für Chazara briseis waren. Die Vorkommen im Usseltal scheinen leider durch Isolation und durch die zu extensive Beweidung der Flächen außerhalb der Kernfläche am Mantelberg erloschen zu sein. Von dort stammt der Letztnachweis von 2008. Die Fläche selbst erscheint auch heute noch als Habitat geeignet, die Nutzung ist seit der letzten Beobachtung gleich geblieben und seit den Beobachtungen von Königsdorfer haben Flächenerweiterungen stattgefunden. Es handelt sich um eine Koppelweide mit Schafen, Ziegen und Pferden mit großen Schotterflächen (Abb. 3).

Bild 3: Ehemaliges Habitat der Berghexe am Mantelberg bei Trugenhofen, Foto wurde am Tag des Letztnachweises erstellt. 7. August 2008 (Foto: Oliver Böck).

Die weitaus meisten Meldungen stammen aus dem Landkreis Eichstätt. Zuerst verschwand Chazara briseis an der Altmühl bei Beilngries am Arzberg und bei Dollnstein, dann im Riedenburger Schambachtal, von wo die letzte Meldung aus dem Jahr 1973 vom Kreutberg bei Altmannstein stammt. Im Anlautertal bei Titting wurde Chazara brisies noch bis 2003 nachgewiesen. Funde gelangen sowohl in den Schotterfeldern des Galgenberges als auch in den fels- und kalkscherbenreichen Bereichen des Vogelherdes (Abb. 4). Die Art konnte sich dort so lange halten, weil ein guter Habitatverbund mit großflächigen Magerrasen sowohl vor Ort als auch entlang der Anlauter aufwärts im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen bei Bechthal bestand. Dort konnte sie 2009 noch an zwei Hängen nachgewiesen werden. Auch hier ist die Änderung der Beweidungsintensität als Hauptursache für das Aussterben in den beiden benachbarten Gebieten zu nennen. Inzwischen werden diese Flächen nach einer Umstellung wieder mehrfach in engem Gehüt beweidet, eine Wiederbesiedlung ist bisher leider nicht erfolgt. Überraschend ist ein Wiederfund in einem Seitental der Anlauter (Morsbachtal) (Abb. 5). In den letzten Jahren gab es immer wieder Einzelbeobachtungen. Durch Pflegemaßnahmen (Entbuschung) des LPV Eichstätt konnten die Habitatflächen vergrößert und eine bessere Vernetzung zwischen den einzelnen Teilflächen erreicht werden. Die Flächen werden auch wieder intensiver beweidet. Der Bestand ist akut vom Aussterben bedroht, Schutzmaßnahmen kommen vermutlich zu spät.

Bild 4: Ehemaliges Habitat am Vogelherd bei Titting, dort zuletzt 2003. 3. September 2014 (Foto: Oliver Böck)

Bild 5: Teilausschnitt des Habitats im Morsbachtal zu Beginn der ersten Pflegemaßnahmen, 4. August 2017 (Foto: Oliver Böck)

Im Gailachtal gibt es eine aktuell kurz vor dem Erlöschen stehende Population, für die bei Mörnsheim und Mühlheim langjährige Beobachtungen vorliegen, die den Rückgang detailliert dokumentieren. In den umliegenden Steinbrüchen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gelangen bis Mitte der 2000er Jahre immer wieder Einzelnachweise, wobei an beiden Standorten Anfang (Mörnsheim/Blauberg) bis Mitte (Mühlheim/Lorenzberg) der 2000er Jahre über 50 bis 100 Individuen nachgewiesen werden konnten. Danach ging die Beweidungsintensität zuerst in Mörnsheim zurück. Am häufigsten wurde die Art am südostexponierten Felshang unterhalb der Aussichtsbank oberhalb der Ortschaft beobachtet. In den letzten Jahren gelangen nur noch sporadische Einzelnachweise. Zuletzt wurden dort 2008 mehrere Tiere gefunden. Im Steinbruch auch davor meist nur Einzeltiere. In Mühlheim dienen drei Bereiche als Reproduktionshabitat, ein Holzlagerplatz, der flachere südwestexponierte und der steile südostexponierte Hangteil des Lorenzberges mit den angrenzenden Steinbruchhalden. Am Südwesthang wurde seit Anfang der 2010er Jahre keine Chazara briseis mehr nachgewiesen. Der Holzlagerplatz (Abb. 6), auf dem in den 2000er Jahren immer zwischen 10 und 30 Individuen gefunden wurden, eutrophierte Anfang der 2010er Jahre zusehends und es wurden meist nur noch Einzelexemplare oder gar keine Beobachtungen mehr gemacht. An den steilen, felsigen Südosthang (Abb. 7 und 8) ist die Beweidung meist zu gering und die Art steht kurz vor dem Aussterben, dort in den letzten Jahren nur noch Einzelexemplare, wo in den 2000er Jahren noch hohe Individuendichten festgestellt wurden. 2024 erfolte trotz mehrfacher Nachsuchen keine Beobachtungen mehr. Im Steinbruch selbst finden sich kleinflächige Habitate auf initialen Magerrasen und an den Übergängen von Halden zu Magerrasen, die in den letzten Jahren vermutlich wesentlich zum Überleben der Art beigetragen haben. Zuletzt konnten 2016 am Lorenzberg mehr als 10 Exemplare der Art nachgewiesen werden.

Bild 6: Habitat Holzlagerplatz, Lorenzberg Mühlheim 23. August 2013 (Foto Oliver Böck)

Bild 7: Intensive Beweidung am Lorenzberg Südosthang als Pflegemaßnahme. damals dreimalige Beweidung in engem Gehüt. 31. Juli 2010 (Foto Thomas Netter)

Bild 8: Zu extensive zweimalige Hütebeweidung am Lorenzberg Südosthang, einer der Gründe für den starken Rückgang der Art. 23. Juli 2016 (Foto Oliver Böck)

Rund um die Stadt Eichstätt kam die Art auf zahlreichen Flächen sowohl in den Steinbrüchen bei Wintershof als auch in den steinigen Magerrasen oberhalb der Stadt vor. Nachdem die Nachweise aus dem Steinbruch Winterhof nach 2008 nur noch sporadisch gelangen (letzter Nachweis 2018), konnte 2014 ein Weibchen auf einer für die Art untypischen Fläche mit Vorkommen der Bergkronen-Widderchens (Zygaena fausta) gefunden werden. Diese Beobachtung und weitere Meldungen veranlassten den Autor, potentielle Habitate genauer zu untersuchen. Er fand eine kleine Population am Haselberg (Abb. 10) und kurz darauf eine Population mit über 30 Individuen am Doktorberg (Abb. 11). Diese Population war bis 2022 sehr stabil und es konnten zeitweise über 40 Individuen gezählt werden (Abb. 9). Die Tiere unterscheiden sich in der Zeichnung von den anderen Populationen in Bayern. Die Färbung erscheint bunter mit einem fast goldenen Farbton (Abb. 1 und 12). Dies scheint mit der anderen Farbe des Gesteins (höherer Tongehalt) dort zu korrelieren. Leider kam es 2023 zu einem Bestandseinbruch, es konnten nur noch maximal fünf Individuen beobachtet werden. Die Gründe dafür dürften in einer deutlichen Verkleinerung der Habitatflächen liegen. Chazara briseis flog 2014 noch auf einer zwei- bis dreimal so großen Fläche wie die aktuellen Funde, die sich auf einen sehr kleinen Bereich im westlichen Teil des steinigen und dort intensiv beweideten Südhanges konzentrieren. Alle anderen ehemals besiedelten Flächen sind aufgrund der höheren Vegetation für die Art nicht mehr geeignet. Vermutlich spielen hier die erhöhten Stickstoffeinträge eine Rolle, die zu einer Bromisierung bzw. Vertrespung der Habitate führen. Auch hier besteht inzwischen ein sehr hohes Aussterberisiko.

Bild 9: Anzahl der maximal beobachteten Imagines am Doktorberg pro Jahr. Jahre 2019 und 2020 nicht gewertet, da zur Hauptflugzeit kein Besuch der Habitatflächen.

Bild 10: Habitat am Haselberg bei Eichstätt, 18. August 2014 (Foto Oliver Böck)

Bild 11: Habitat am Doktorberg bei Eichstätt, 18. August 2023 (Foto: Oliver Böck)

Bild 12: Berghexe Weibchen, Eichstätt Doktorberg, 20. August 2021 (Foto: Thomas Netter)

Chazara briseis ist im Untersuchungsgebiet in den letzten 20 Jahren sehr stark zurückgegangen und steht dort kurz vor dem Aussterben. Als Hauptgründe gelten die Abnahme der Beweidungsintensität, die Sukzession und damit das Einwachsen von Kalkscherben in die Vegetation, sowie das verschwinden von Rohbodenstellen. Das Mikroklima der Lebensräume verändert sich und ist für die Art nicht mehr geeignet. Zudem führt die Vertrespung der Magerrasen durch Stickstoffeinträge zu einem schnelleren Aufwuchs und einer Veränderung des Vegetationsbildes. Die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) dominiert inzwischen viele Kalkmagerrasen, die zunehmend verfilzen. Als akute Sofortmaßnahmen für den Lorenzberg sollte eine Beweidung in engem Gehüt drei- bis viermal im Jahr erfolgen und über rohbodenöffnende Maßnahmen entlang der Hangkante, der Plateauflächen und des Holzlagerplatzes nachgedacht werden, um die Habitatflächen wieder zu vergrößern. Der erste Weidegang sollte spätestens Mitte Mai erfolgen, um dem Aufwuchs entgegenzuwirken. Alternativ könnte am Steilhang eine temporäre Ziegenkoppel mit geringer Besatzdichte, mit einem Nachtpferch außerhalb der Fläche eingerichtet werden. Gleiches gilt für den Ober- und Mittelhang des Doktorberges. Die Habitatfläche muss wieder vergrößert werden, wobei Maßnahmen zur Öffnung des Rohbodens bei Verfilzung der Flächen zu diskutieren sind. Ein Nachzuchtprogramm scheint heute für die Erhaltung der Art unerlässlich zu sein. In Tschechien konnte die Art dadurch an mehreren Stellen wieder etabliert werden (Sucháčková Bartoňová et al. 2021). Auf beiden Flächen ist ein drei- bis viermaliges Monitoring pro Jahr erforderlich. Dies soll auch im Morsbachtal erfolgen, um die Populationsgröße genauer zu bestimmen. Bei Trugenhofen und Titting kann bei erfolgreicher Erhaltungszucht an eine Wiederansiedlung der Art gedacht werden. Die Pflege ist inzwischen wieder auf Chazara briseis abgestimmt. Meldungen an das Portal Schmetterlinge in Bayern sind gerne erwünscht.

Literatur:

Bachmann, M. (1912): Beobachtungen über blütenbesuchende Insekten in der Eichstätter Alp. – Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft 003: 14-16.

Gauckler, K. (1960): Die Schmuckwanze Eurydema f. fieberi Fieber in der Felsheide der Frankenalb. – Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 9(11): 105-111.

Knörzer, A. (1918): Beiträge zur Kenntnis der mittelfränkischen Insektenfauna. Beilage Wissenschaftliche Beilage zum Jahresberichte der katholischen Universität Eichstätt 1917/18. 1-15.

Königsdorfer, M. (1997): Die Berghexe (Chazara briseis L. Satyridae) in Schwaben und angrenzenden Gebieten – Berichte des naturwiss. Vereins für Schwaben, Augsburg – 101: 69 – 87.

Müller , R. (1976): Die Tagfalter aus den Beobachtungsgebieten Augsburg – Donauwörth – Neuburg/D. Eichstätt – Dollnstein – Mühlheim.

Sucháčková Bartoňová, A.; Konvička, M.; Marešová, J.; Bláhová, D.; Číp, D.; Skala, P.; Andres, M.; Hula, V.; Dolek, M.; Geyer, A.; Böck, O.; Kadlec, T.; Faltýnek Fric, Z. (2021): Extremely Endangered Butterflies of Scattered Central European Dry Grasslands Under Current Habitat Alteration. Insect Systematics and Diversity. Volume 5, Number 5 – 1-18.

Thöny, H. (1995): Beitrag zur Schmetterlingsfauna der Region Ingolstadt, Eichstätt: Dokumentation der Grossschmetterlinge von Ingolstadt und seiner Umgebung ; Festschrift 25 Jahre Entomologische Gesellschaft Ingolstadt e.V. S.256

Ehemalige Verbreitung und aktuelle Bestandssituation des Streifenbläulings (Polyommatus damon) in der Südlichen Frankenalb.

Bild 1: Streifenbläuling Männchen, Gailachtal, 8. Juli 2015 (Foto Oliver Böck)

Bild 2: Streifenbläuling Weibchen, Gailachtal, 25. Juli 2013 (Foto: Markus Dumke)

Aussterbeprozesse von Tagfalter lassen sich an Hand von jahrelangen eigenhändigen Aufzeichnungen und Literaturrecherche in manchen Gebieten besonders gut darstellen. Polyommatus damon ist im Untersuchungsgebiet der Südlichen Frankenalb ein Bewohner von niedrigwüchsigen mageren und lückigen Kalkmagerrasen mit reichlichen Beständen der Raupenfutterpflanze Futteresparsette (Onobrychis viciifolia). Dabei handelt es sich meist um Hänge in südwestlicher bis südöstlicher Exposition. Daneben werden noch Initialmagerrasen mit Esparsettenbeständen in den Steinbrüchen oder Wegböschungen besiedelt. Der Streifenbläuling war früher in der Südlichen Frankenalb mit einigen Fundorten vertreten und zeigte in einigen Gebieten eine weitere Verbreitung wie zum Beispiel in den Steinbrüchen und Magerrasen rund um Solnhofen und im Gailachtal. Dort kam er durch die günstige Verzahnung von Steinbrüchen und Kalkmagerrasen in einem Metapopulationssystem vor. Heute gibt es im ganzen Gebiet wahrscheinlich nur noch eine isolierte Population, die trotz Pflegemaßnahmen kurz vor der Extinktion steht.

In der Südlichen Frankenalb war die Verbreitung schon immer auf die Altmühl, die Anlauter, die Donau und das Wellheimer Trockental beschränkt. Schmid (1885) hat die Art in der Umgebung von Kelheim nachgewiesen, dort von Metschl und Sälzl (1923) nicht mehr gefunden. Diese führten das Gebiet entlang der Donau zwischen Bad Abbach und Oberndorf, sowie die Mattinger Hänge an. Ein Vorkommen an der Anlauter bei Emsing. In der Gegend um Eichstätt war die Art zu Beginn des 20. Jahrhunderts häufig, wie die zahlreichen Blütenbeobachtungen belegen (Bachmann 1912). Knörzer (1918) nannte sie sogar als sehr häufig für den Juli und den August. Müller (1976) fand die Art um Dollnstein und im Wellheimer Trockental. Wahrscheinlich aus dem Katzental stammt der von Thöny (1995) angegebene Fund von 1973. Noch in den 1980er und Beginn der 1990er Jahren war die Art nicht selten in den Magerrrasen und Steinbrüchen in der weiteren Umgebung von Solnhofen bis in das Treuchtlinger Schambachtal. Ein starkes Vorkommen bei Haunsfeld (Dolek 1994) wurde nachweislich durch die Umstellung der Beweidung durch die UNB in den 1990er Jahren ausgerottet, denn gezielte Nachsuchen in den 2000er Jahren erbrachten keine Bestätigung des Vorkommens mehr.

Noch Anfang der 2000er Jahre konnte der Streifenbläuling auf folgenden vier Flächen regelmäßig und teilweise in größerer Stückzahl nachgewiesen werden. Mörnsheim Blauberg und Horstberg mit Steinbrüchen, Mühlheim Lorenzberg und Tagmersheimer Leite mit Steinbrüchen (Übersicht der Fundorte in Bild 3). Die letzten Beobachtungen aus den direkt umgebenden Flächen rund um Mühlheim stammen alle von 2006. Hiefür dürften unter anderem falsche Beweidungszeitpunkte verantwortlich sein. Der letzte Fund aus einem anderen Gebiet stammt von einem Weibchen aus den Steinbrüchen in der Langenaltheimer Haardt ebenfalls aus dem selben Jahr. Danach konnte die Art zwischen 2006 und 2010 nicht mehr wiedergefunden werden. Am Horstberg erfolgten zwei Nachweise in den letzten 10 Jahren, während sie bis 2020 in den Magerrasen am Blauberg mit Steinbruch regelmäßig gefunden wurde, meist an den selben Stellen, teilweise mit mehreren Exemplaren so in den Jahren 2013 und 2015. Der aktuelle Letztnachweis am Horstberg stammt aus dem Jahr 2022. Aktuell konnten am Blauberg wieder einzelne Individuen nachgewiesen werden.

Der aktuellste Fundort ist der magerste und lückigste im ganzen Hangbereich, der nun wieder mit deutlich besseren Onobrychis-Vorkommen bestanden ist, was an der auf die Art mittlerweile abgestimmten Beweidung liegt (Bild 4).

Bild 3: Ehemalige und aktuelle Verbreitung des Streifenbläulings in der Umgebung von Solnhofen

Bild 4: Teilausschnitt des Habitats des Streifenbläulings, Gailachtal, 19. Juli 2013 (Foto: Thomas Netter)

Nachdem die Art 2023 nicht mehr gefunden wurde, konnten 2024 wieder einzelne Individuen nachgewiesen werden. Es besteht weiterhin ein sehr hohes Aussterberisiko trotz einer nun seit mehreren Jahren auf Polyommatus damon abgestimmten Beweidung. Ein Grund dafür liegt in der Vertrocknung der Esparsetten in den letzten heißen Sommern. Die Keimung der Pflanzen verlief nicht optimal und es wurden nur selten kräftige und vitale Bestände gefunden, welche bei der Eiablage präferiert werden. Jede Meldung ist gerne auf unserem Portal erwünscht.

Ein besonderer Dank gilt Dieter Kleiser für die Übermittlung von Daten bei Mühlheim aus den 1990er Jahren.

Literatur:

Bachmann, M. (1912): Beobachtungen über blütenbesuchende Insekten in der Eichstätter Alp. – Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft 003: 14-16.

Dolek, M. (1994): Der Einfluss der Schafbeweidung von Kalkmagerrasen in der Südlichen Frankenalb auf die Insektenfauna (Tagfalter,Heuschrecken). Agrarökologie Bd. 10, 126 S., Haupt Verlag, Bern.

Knörzer, A. (1918): Beiträge zur Kenntnis der mittelfränkischen Insektenfauna. Beilage Wissenschaftliche Beilage zum Jahresberichte der katholischen Universität Eichstätt 1917/18. 1-15.

METSCHL, C., SÄLZL, M. (1923): Die Schmetterlinge der Regensburger Umgebung unter Berücksichtigung früherer Arbeiten, insbesondere der „Lepidopteren-Fauna der Regensburger Umgegend mit Kelheim und Wörth von Anton Schmid. 1. Teil: Großschmetterlinge.

Müller, R. (1976): Die Tagfalter aus den Beobachtungsgebieten Augsburg-Donauwörth-Neuburg/D.-Eichstätt-Dollnstein-Mühlheim.

Schmid, A. (1885): Die Schmetterlinge der Regensburger Umgegend mit Kehlheim und Wörth.

Thöny, H. (1995): Beitrag zur Schmetterlingsfauna der Region Ingolstadt/Eichstätt Dokumentation der Großschmetterlinge von Ingolstadt und seiner Umgebung – facetta – Berichte der Entomologischen Gesellschaft Ingolstadt e.V. – Supp1: 1 – 255.

Gefährdungslage des Weißen Waldportiers (Brintesia circe) in Bayern

Weißer Waldportier Kopula, Landkreis Kelheim, 26. Juni 2014 (Foto: Markus Dumke)

Weißer Waldportier Raupe, Landkreis Kelheim, 21. Mai 2022 (Foto: Markus Dumke)

Der Weiße Waldportier (Brintesia circe) war in Bayern bis Anfang der 2010er Jahre auf die Kerngebiete der Südlichen (Gailachtal, Wellheimer Trockental, Usseltal, Unteres Altmühltal) und Mittleren Frankenalb (Truppenübungsplatz Hohenfels, Täler von Lauterach, Naab, Schwarzer Laaber und im Regensburger Jura) beschränkt, wo eine deutliche Zunahme der Individuendichten auf großflächigen Magerrasen zu verzeichnen ist. Da die Tiere sehr flugaktiv sind, können sie von dort aus auch benachbarte Flächen besiedeln. Vor allem in den letzten 10 Jahren breitet sich die Art aus. Entlang der Lauterach konnte inzwischen die Nördliche Frankenalb bis Pommelsbrunn erreicht werden. Weitere Ausbreitungen sind entlang der Naab bis ins Oberpfälzer Hügelland zu beobachten. An der Donau Einzelfunde von Vohburg bis Donaustauf, nördlich davon mehrere Nachweise im Falkensteiner Vorwald und entlang des Regen. Dort Einzelfunde bis in den Vorderen Oberpfälzer Wald. Neuerdings auch Sichtungen aus dem Hinteren Oberpfälzer und Bayerischen Wald. Weitere Beobachtungen im Passauer Abteiland und im Neuburger Wald. In der Südlichen Frankenalb inzwischen auch entlang der Wissinger und Weißen Laaber. Auf kleineren Magerrasen entlang der Donau östlich von Donauwörth. An der Altmühl fast geschlossenes Fluggebiet zwischen Treuchtlingen und Kelheim. Die Art scheint eine der wenigen zu sein, die vom Klimawandel und der aktuellen Pflege der Flächen profitieren und von der Vergrasung einiger Flächen nicht.betroffen zu sein scheint. Vereinzelt auf mesophilen Grünland wie zum Bespiel im Falkensteiner Vorwald auch in höheren Individuendichten beobachtet. Andererseits wie im Vorderen Oberpfälzer Wald ein Exemplar auf einem Granitxerothermrasen. Neufunde dürften bestimmt im Raum Chamer-Further-Senke im Regental zu tätigen sein. Alle Meldungen bitte gerne ins Portal stellen. Die weitere Ausbreitung der Art und die Reproduktion in den neu besiedelten Gebieten sollte weiter beobachtet werden.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Brintesia%20circe

Weißer Waldportier Larvalhabitat, Landkreis Kelheim, 21. Mai 2022 (Foto Markus Dumke)

Gefährdungslage des Segelfalters (Iphiclides podalirius) in Bayern

Segelfalter, Landkreis Regensburg, 28. April 2022 (Foto: Thomas Netter)

Segelfalter Raupe, Landkreis Eichstätt, 3. Juli 2022 (Foto: Thomas Netter)

Der Segelfalter (Iphiclides podalirius) kommt in Mainfranken z. T. in hohen Individuendichten auf Kalkmagerrasen entlang des Mains und der Fränkischen Saale von Kleinochsenfurt inzwischen bis Münnerstadt regelmäßig vor und strahlt neuerdings auch in den Sandsteinspessart und das Grabfeld aus. In der Mittleren Frankenalb z. T. gute Individuendichten auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels und entlang der Lauterach und Naab z. B. bei Kallmünz. Aktuell (2024) bedeutende Funde im Raum Hammelburg und bei Kallmünz. An der Schwarzen Laaber zwischen Schönhofen und Laaber durch Pflegemaßnahmen in den letzten Jahren leider nicht mehr gefunden. Gleiches gilt für die Südliche Frankenalb entlang der Unteren Altmühl zwischen Riedenburg und Kelheim. In den großflächigen Magerrasen und Steinbruchgebieten zwischen Eichstätt und Solnhofen noch regelmäßig und teilweise in guten Individuendichten. Ein Einzelnachweis von 2019 bei Chamerau am Regen dürfte auf Verdriftung oder Verschleppung zurückzuführen sein. In Südbayern liegen Nachweise aus den Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen vor. Dort in den letzten Jahren immer wieder Funde wie am Thumsee oder im Raum Bad Reichenhall. Die Hauptvorkommen dürften im Saalachtal auf österreichischer Seite liegen (z. B. Leoganger Steinberge) und von dort nach Bayern ausstrahlen. Eine Reproduktion der Art auf bayerischer Seite ist möglich. Eine Nachsuche in diesem Gebiet wäre ab jetzt von Interesse, Meldungen bitte gerne ins Portal. Durch den Klimawandel wird sie in ihren Kerngebieten häufiger und zeigt wie in Mainfranken deutliche Ausbreitungstendenzen. Sie ist aber weiterhin durch unsachgemäße Pflegemaßnahmen gefährdet.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Iphiclides%20podalirius

Segelfalter Larvalhabitat,Landkreis Bad Kissingen, 9. Juni 2023 (Foto: Maximilian Schmucker)

Gefährdungslage des Steppenheiden-Würfel-Dickkopfs (Pyrgus carthami) in Bayern

Steppenheide-Würfel-Dickkopf, Landkreis Main-Spessart, 1. Juni 2022 (Foto: Korbinian Schrauth)

Der Steppenheide-Würfel-Dickkopf (Pyrgus carthami) ist in Bayern zuletzt noch in zwei Naturräumen nachgewiesen worden. Vermutlich ist er aber inzwischen auf der Mittleren Frankenalb erloschen. Als Gründe werden eine zu geringe Beweidungsintensität und eine Beweidung zur Hauptflugzeit vermutet. Gezielte Nachsuche blieb erfolglos. Die letzten Nachweise wurden 2010 am Eitelberg bei Undorf und 2015 am Schloßberg bei Kallmünz erbracht. In Mainfranken besteht noch eine Metapopulation in den steingen und rodbodenreichen Erdseggenmagerrasen um Karlstadt, Gambach über den Truppenübungsplatz bis ins Fränkische Saaletal bei Hammelburg. Vereinzelt noch bei Marktheidenfeld in einem Steinbruch. Außerdem im Grabfeld bei Unsleben und Mittelstreu sowie bei Ostheim/Rhön am Weyhershauk. Die Art ist als vom Aussterben bedroht einzustufen und die derzeitige Habitatpflege dringend zu erhalten und zu verbessern. Bedroht durch Aufgabe intensiver Beweidung in Hütehaltung (Sukzession), Bromisierung durch Stickstoffeintrag und Koppelbeweidung.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Pyrgus%20carthami

Steppenheide-Würfel-Dickkopf Lebensraum, Landkreis Main-Spessart, 7. Juni 2022 (Foto: Alexander Ohr)

Gefährdungslage des Alexis-Bläulings (Glaucopsyche alexis) in Bayern

Alexis-Bläuling Kopula, Landkreis Amberg-Sulzbach, 19. Juni 2021 (Foto: Bernhard Stoeckhert)

Alexis-Bläuling Raupe, Landkreis Würzburg, 21. Juni 2022 (Foto: Korbinian Schrauth)

Der Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis) ist in Bayern vor allem in Mainfranken entlang von Main und Fränkischer Saale bis ins Grabfeld und in die Vorder- und Kuppenrhön auf Kalkmagerrasen verbreitet. Davon isolierte Vorkommen entlang des Mains z. B. im Vogelschutzgebiet Garstädter Seen und im Sandsteinspessart. Noch stabil entlang breiter Waldwege und auf Pfeifengraswiesen in den Mittelwäldern des Südlichen Steigerwaldes. Dort auch auf Gipskeuper-Magerrasen. In der Mittleren Frankenalb v. a. am Standortübungsplatz Hohenfels und den benachbarten hochwertigen und strukturreichen Magerrasen entlang der Naab und Lauterach. In vielen Bereichen ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Vereinzelt an der Schwarzen Laaber und am Keilstein bei Regensburg. Auf der Südlichen Frankenalb nur noch halbwegs stabil bei Kelheimwinzer. Bei Matting und im Riedenburger Schambachtal vom Aussterben bedroht. Ursachen für den Rückgang vor allem in der Frankenalb sind u. a. die meist gleichförmige Beweidung der Flächen (Verschwinden von Saumstandorten), die Bromisierung durch Stickstoffeintrag (Vergrasung der Flächen), ungünstige Beweidungszeitpunkte sowie Koppelbeweidung und Verbuschung durch Aufgabe der Bewirtschaftung.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Glaucopsyche%20alexis

Alexis-Bläuling Larvalhabitat, Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim, 3. Juni 2022 (Foto: Alexander Ohr)

Gefährdungslage des Flockenblumen-Scheckenfalters (Melitaea phoebe) in Bayern

Flockenblumen-Scheckenfalter Kopula, Landkreis Rosenheim, 27. Juni 2022 (Foto: Markus Dumke)

Flockenblumen-Scheckenfalter Jungraupen mit Gespinst, Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz, 3. August 2023 (Foto: Thomas Netter)

Bundesweit auf Bayern beschränkt ist der Flockenblumen-Scheckenfalter (Melitaea phoebe). In Mainfranken Vorkommen entlang des Mains und der Fränkischen Saale von Karlstadt bis Münnerstadt. In Nordbayern vor allem auf der Nördlichen Frankenalb u. a. auf beweideten und gemähten Kalkmagerrasen im Staffelbergjura. Östlich davon in Muschelkalkgebieten bei Kronach und Bayreuth. In den Haßbergen seit 2010 nicht mehr nachgewiesen. In der Mittleren Frankenalb vor allem auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels sowie in den Flusstälern von Schwarzer und Wissinger Laaber, Naab und Lauterach auf hochwertigen und strukturreichen Magerrasen. Dort sind Rückgänge zu verzeichnen. In der Südlichen Frankenalb nur noch im Riedenburger Schambachtal verbreitet, dort ebenfalls rückläufig. Im Südlichen Steigerwald akut vom Aussterben bedroht. In Südbayern inzwischen auf die Alpen beschränkt. Gute Vorkommen in der Nagelfluhkette, Teilen des Vilser Gebirges und der Allgäuer Hochalpen. Ansonsten kommt die Art nur noch in den westlichen Chiemgauer und in den Berchtesgadener Alpen in geringer Dichte vor. In den Alpen auf Rinderweiden. Bedroht ist die Art durch nachlassende (Sukzession), zu intensive Pflege der Kalkmagerrasen ( vor allem Koppelbeweidung) und die Bromisierung durch Stickstoffeinträge. In den Alpen durch Gülleausbringung und Aufgabe von Almen.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Melitaea_phoebe

Flockenblumen-Scheckenfalter Larvalhabitat, Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz, 3. August 2023 (Foto: Thomas Netter)

Gefährdungslage des Roten Scheckenfalters (Melitaea didyma) in Bayern

Roter Scheckenfalter Kopula, Landkreis Eichstätt, 4. Juli 2022 (Foto: Norbert Dippold)

Melitaea didyma Raupe, Landkreis Kelheim, 15. Juni 2021 (Foto: Thomas Netter)

Der Rote Scheckenfalter (Melitaea didyma) kommt hauptsächlich in Bayern von Mainfranken bis zur Rhön vor, z.T. noch individuenreich, z.B. bei Ostheim v.d. Rhön oder um Karlstadt. Im Südlichen Steigerwald und im Grabfeld bei Herbstadt steht sie kurz vor dem Aussterben. In der Nördlichen Frankenalb auf den Weismainjura und den Truppenübungsplatz Grafenwöhr beschränkt. In der Mittleren Frankenalb stabil auf den Truppenübungsplatz Hohenfels. Ansonsten fast nur noch auf den Kalkmagerrasen in den Flusstälern der Lauterach und der Naab nachzuweisen. Rückgänge im Tal der Schwarzen Laaber. In der Südlichen Frankenalb nur noch stabil in den Magerrasen und Steinbrüchen des Gailachtals und an der Arnsberger Leite im Altmühltal. Im Riedenburger Schambachtal stark zurückgegangen. Die Art besiedelt lückige, großflächige und strukturreiche Magerrasen. Sie ist weiterhin stark rückläufig. Die Ursachen liegen entweder in der nachlassenden Pflege (Sukzession) oder in der Änderung der Beweidung der Flächen (braucht mindestens zweimalige scharfe Beweidung im engen Gehüt), Koppelbeweidung und die Bromisierung durch Stickstoffeintrag. Ein möglichst früher Beweidungszeitpunkt zur Entgegenwirkung der Vergrasung wäre, wie bei vielen Arten die auf lückige Kalkmagerrasen spezialisiert sind, eine mögliche Maßnahme zur Erhaltung. Die Schaffung von offenen Rohbodenstellen oder bei starker Vergrasung ein abbrennen der Vegetation wären weitere Maßnahmen in Habitaten der Art.

https://www.tagfalterbayern.de/art?art=Melitaea_didyma

Melitaea didyma Larvalhabitat, Landkreis Kelheim, 15. Juni 2021 (Foto: Thomas Netter)